Barbara Kohout
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Sind Jehovas Zeugen familienfreundlich?
4. Februar 2012 um 11:38
Eine Veranstaltung im Roncalli-Forum in Karlsruhe am Mittwoch den 1. Februar 2012
 
Die Zeugen Jehovas – sind sie wirklich so familienfreundlich?
„Bereits diese Fragestellung impliziert, dass hier möglicherweise Zweifel angebracht sind“ mit diesen Worten leitete die Referentin Frau OStR aD Ursula Meschede ihren Vortrag ein.
Der Untertitel zu ihrem Vortrag lautete: „Ihre Einstellung zu „Abtrünnigen“ und die Folgen“.
Frau Meschede begründet zunächst Zweifel mit der Tatsache, dass „die Zeugen Jehovas solche Menschen, die sich von ihrer Glaubenslehre und von dieser Organisation distanzieren, aus welchen Gründen auch immer, mit dem negativ besetzten Wort „Abtrünnige“ abstempeln.“ Dies ließe weder auf eine demokratische Gesinnung noch auf Toleranz im Hinblick auf Religionsfreiheit schließen.
In den Schriften der Wachtturmgesellschaft kommt der Darstellung einer glücklichen Familie in Wort und Bild eine besondere Bedeutung zu. Die Referentin demonstrierte ihre Aussage mit verschiedenen Veröffentlichungen und machte auf die positiven Signale der Bilder, wie das freundliche Lächeln, die harmonischen Farben und die paradiesische Landschaft aufmerksam und besonders darauf, dass die Bibel oder ein Wachtturm-Buch immer zur Hand seien.
„Das kann doch nicht falsch sein. Wo ist das Problem?“ fragte sie.
Erst bei genauer Analyse der tatsächlichen, unterschwelligen Aussagen kam dies deutlich zum Vorschein.
Die immer wieder wiederholte Aufforderung zum gemeinsamen Bibelstudium erweist sich als Ermahnung, die Bibelauslegung der Wachtturmgesellschaft an Hand der Veröffentlichungen aus Brooklyn zu studieren. So zeigte sie die Abbildung einer „Freizeitgestaltung wie einen Campingausflug“ bei dem mit den Kindern am gemütlichen Lagerfeuer eine Wachtturmveröffentlichung betrachtet wird.
Frau Meschede verglich die Aussage in der Broschüre „Zeugen Jehovas, Menschen aus der Nachbarschaft, wer sind sie?“ in der es heißt, dass sich die Zeugen „zumeist kaum“ von ihren Nachbarn unterscheiden mit den Anweisungen in den Schriften, die für den internen Gebrauch bestimmt sind.
„Unser Königreichsdienst“ August 95: „Erweisen sich eure Kinder stark, wenn sie Druck oder Versuchungen ausgesetzt sind, oder geben sie leicht nach? Sind sie entmutigt, weil sie anders sein müssen als ihre Altersgenossen?“
„Unterredungen anhand der Schriften“:
„Wie würde es Jehova berühren, wenn du dir Freunde erwählst, die ihn nicht lieben?“
Frau Meschede demonstrierte anschaulich anhand der Wachtturm-Literatur die unterschiedliche Selbstdarstellung nach Außen und Intern.
Besonders betroffen waren die Zuhörer von einem Zitat aus dem Lexikon „Einsichten in die heilige Schrift“ Band 2 unter dem Stichwort Lüge:
„Bösartiges Lügen wird zwar in der Bibel deutlich verurteilt, aber das bedeutet nicht, dass man verpflichtet ist, jemandem wahrheitsgemäß irgendwelche Informationen zu geben, die zu erhalten er kein Recht hat. Jesus Christus gab den Rat: „Gebt das Heilige nicht Hunden, noch werft eure Perlen Schweinen vor, damit sie sie nicht etwa mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen“ (Mat 7:6). Deshalb hielt sich Jesus bei gewissen Gelegenheiten zurück, eine vollständige Auskunft zu geben oder gewisse Fragen direkt zu beantworten, wenn er dadurch unnötigen Schaden angerichtet hätte (Mat 15:1-6; 21:23-27; Joh 7:3-10). Zweifellos muss die Art und Weise, wie Abraham, Isaak, Rahab und Elisa handelten, als sie Personen, die keine Anbeter Jehovas waren, irreführten oder ihnen gewisse Tatsachen verschwiegen, ebenso beurteilt werden“
Die Frage stand greifbar im Raum, ob die Zeugen wohl bei ihrem freundlichen Auftreten in Wirklichkeit ihr Gegenüber immer mit Hunden oder Schweinen vergleichen, denen man durchaus auch falsche Informationen vorsetzen kann.
Frau Meschede betonte dann, dass sie als langjährige Pädagogin besonders die Situation der Kinder und Jugendlichen innerhalb dieser Gesellschaft geprüft hat. Auch zu diesem Punkt brachte sie ausschließlich Zitate aus den Wachtturm-Veröffentlichungen, wie zum Beispiel:
„Da sie unter dem Gesetzt und Gebot ihrer Eltern stehen, vergleicht die Bibel die Stellung eines Kindes mit der eines Sklaven“  aus „Du kannst für immer im Paradies auf Erden Leben“ S242. Und weiter auf S245: „Kinder brauchen Zucht. Daher fordert die Bibel Väter auf: ‚Zieht eure Kinder weiterhin auf in der Zucht und in der ernsten Ermahnung Jehovas‘. Wenn Eltern ihre Kinder in Zucht nehmen, auch wenn das körperliche Züchtigung oder den Entzug von Vorrechten einschließen mag, ist das ein Beweis dafür, dass sie ihre Kinder lieben.“
Besonders bedauerlich fand die Referentin verständlicher Weise die Tatsache, dass den Eltern von einer höheren Schulbildung oder gar einem Studium ihrer Kinder abgeraten wird. Eltern seien was die Ausbildung ihrer Kinder betrifft, unter permanentem Druck, darauf zu achten, dass die Kinder den sogenannten „Predigtdienst“ wenn möglich als „Pioniere“ als ihr wichtigstes Lebensziel sehen.
Hier zitierte sie unter Anderem Erwachet vom 22.1.2004: „Achte darauf, dass etwas so Wichtiges wie das Bibellesen, der Predigtdienst und die Zusammenkünfte, was dir bis in alle Ewigkeit zugutekommt, nicht vor lauter Hausaufgaben vernachlässigt werden“
Zur Hochschulbildung ein Zitat aus dem Wachtturm vom 15.4.2008 – einem sogenannten internen Studienwachtturm, der nicht für die Verbreitung in der Öffentlichkeit bestimmt ist:
„Wie steht es damit, an einer Hochschule oder Universität höhere Bildung zu erwerben? Viele betrachten das als unerlässliche Voraussetzung für Erfolg. Doch nicht wenige, die diesen Bildungsweg eingeschlagen haben, finden letztendlich ihren Kopf mit schädlichen weltanschaulichen Ideen und Meinungen vollgestopft. Das ist eine Verschwendung wertvoller Jugendjahre, die man am besten im Dienst für Jehova hätte einsetzen können.“
Als Fazit aus dem Studium der Wachtturm-Veröffentlichungen kam Frau Meschede zu dem Ergebnis, ihrer Meinung nach seien:
„Die Zeugen Jehovas Mitglieder einer ausgesprochen bildungsfeindlichen sogenannten Sekte, deren Doktrin in krassem Widerspruch zu der von unserer Gesellschaft vertretenen Auffassung steht, jungen Menschen Bildung zu empfehlen und ihnen den Zugang dazu zu erleichtern.“
Wenn man zudem berücksichtigt was die so genannten „Abtrünnigen“ berichten, so sei klar, dass es Zweck und Bestimmung einer Familie sei, die WTG zu unterstützen, indem man ihre Lehren und ihre Broschüren verbreitet, Zeit und Geld für sie investiert und ein Leben gemäß ihren Anweisungen führt. In diesem Kontext sei die Lehre der ZJ weder menschen- noch familienfreundlich und schon gar nicht kinderfreundlich. Die gesellschaftlichen Normen, auch die christlichen Gesinnungen unserer Gesellschaft, seien für die ZJ nicht maßgebend. Sie werden oft genug schlecht geredet und mit gehässigen Worten verunglimpft.
Eine Zeugenfamilie müsse völlig anders funktionieren als eine Familie unserer „weltlichen Gesellschaft“.
Nichtkonformes Verhalten wird geahndet, unbequeme oder gar kritische Fragen werden gerügt. Ein kritischer Zeuge wird vor ein internes „Rechtskomitee“ zitiert und im schlimmsten Fall aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Mit einer solchen Entscheidung ist eine Kontaktsperre verbunden. Durch diese Praxis wurden und werden viele Familien gnadenlos zerstört. Auch dazu zitierte die Referentin die entsprechenden Anweisungen aus der Wachtturm Literatur.
Neben einigen erschütternden Beispielen, die sie im Rahmen ihrer Arbeit für Ausstieg eV erfahren hat verwies sie vor allem auf das Verfahren eines „Rechtskomitees“.
Es besteht in der Regel aus 3 Ältesten die Legislative (gesetzgebende Gewalt), Judikative (richterliche Gewalt) und Exekutive (Vollstreckende Gewalt) in sich vereinen.
Ein Verteidiger ist für den Beschuldigten nicht vorgesehen. Somit ist er und seine Familie diesem Gremium hilflos ausgeliefert.
Frau Meschede führte zu diesem Thema ihre folgende Meinung aus: „Ein Zeuge Jehovas, dem die Gemeinschaft entzogen wird, gilt fortan als ein „Kind des Teufels“. Alle Kontakte zum ihm werden abgebrochen. Dies nenne ich Diskriminierung und üble Nachrede. Die WTG nennt es eine „innerorganisatorische, disziplinarische Maßnahmen“, die als Autonomie (Unabhängigkeit) der Religionsgemeinschaften zu sehen ist. Genau hier ist der wunde Punkt, denn diese Autonomie wird den Religionsgemeinschaften tatsächlich vom Staat gewährt. Die Rechtsbeugung ist also auch noch legitim.“
Sie wies darauf hin, dass die Zeugen Jehovas inzwischen in 12 Bundesländern als Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne gründliche Prüfung zugesprochen bekamen. Lediglich die Länder Baden Württemberg, Bremen und zunächst auch Rheinland-Pfalz waren bereit bewusst auch Aussteiger und betroffene Angehörige zu hören.
Nach diesen Ausführungen vor einem sehr interessierten Publikum hatte ich die Gelegenheit als Betroffene über meine Erfahrungen mit dem Kontaktabbruch und der Zerstörung der vorher sehr guten familiären Kontakte zu sprechen.
Einer der Zuhörer rief aus: „Ich kann nicht verstehen, wie unser Staat diese Methoden auch noch durch die Anerkennung als öffentliches Recht sanktionieren kann!“
 
Dem kann ich mich nur anschließen.
 
 
Jehovas Zeugen leugnen vor der Presse in Australien den" Treuen und ...Sklaven"
- Erschütternd wie man die Aussagen je nach Bedarf ändert oder Tatsachen leugnet!

 
Posting im Forum Netzwerk Sektenausstieg von User Querdenker Nr. 17 am 12. Dezember 2011:
Hier ein paar Zitate:
 
“This Working with Children Check system helps to protect children from sexual or physical harm by checking and monitoring a person’s criminal history for serious sexual, serious violence or serious drug offences.”
 
“Religious organisations” were included in the Working with Children Check system in July 2008." "...The Watch Tower Society and the religion of Jehovah’s Witnesses, when contacted by the Victorian Department of Justice and by Victoria Police, and even by the media in Victoria, have outright denied that they operate any church-based schools with enrolled children or that they work with children.
 
(Die WTG und die Religion der ZJ, als sie vom Justizministerium und der Polizei von Victoria, und sogar von der Victorianischen Presse kontaktiert wurde, haben völlig geleugnet, dass sie eine auf Kirche basierende Schule betreiben, in die Kinder eingeschrieben sind, oder dass sie mit Kindern arbeiten.)
“The Governing Body of Jehovah’s Witnesses and the Watch Tower Society knew about these child protection laws and refused to comply from the outset. They were notified well before the laws were made compulsory for “religious organisations.”
 
(Die Leitende Körperschaft der ZJ und die WTG wussten von diesem Kinderschutzgesetz und haben die Einwilligung verweigert. Sie waren über dieses Kinderschutz-Gesetz sehr gut benachrichtigt, bevor das Gesetz für "Religiöse Organisationen" Pflicht wurde.)
“They ignored the counsel and the need to comply. They were then warned that they could face criminal charges. They did nothing about it and nothing to protect the children and nothing to protect the name and reputation of the church.
(Sie ignorierten den Rat und die Notwendigkeit einzuwilligen. Sie wurden dann gewarnt, dass sie einer Anklage wegen kriminellen Vergehens entgegensehen könnten. Sie taten nichts dafür und nichts die Kinder zu schützen und auch nichts für den Namen und die Reputation ihrer Kirche.)
 
“As of 31 March 2011, 738,563 adults from all walks of life within the Victorian community have formally complied with the Working with Children laws and undergone child safety checks to verify that they are not convicted criminals, so that they can continue their duties within the organisations they work or volunteer in and where children are present."
(738.563 Erwachsene innerhalb der Victorianischen Gesellschaft haben eingewilligt und sich Kinderschutz Kontrollen unterworfen um sicherzustellen, dass sie keiner krimineller Handlung angeklagt sind, und sie so ihren Pflichten innerhalb der Organisation, in der sie arbeiten oder in der sie als Freiwillige wirken, und in der Kinder sind, weiter nachgehen können.)
 
Wenn man den Bericht liest, kommt es einem so vor, als ob die WTG einen Freibrief zu besitzen glaubt. Es ist ein Auszug aus einem Zeitungsbericht aus Australien:
Crisis of Conscience within the Traralgon Congregation of Jehovah’s Witnesses? – Part 1
AUSTRALIA: Crisis of Conscience within the Traralgon Congregation of Jehovah’s Witnesses? – Part December 11, 2011 – the full story
http://www.jwnews.net/
 
Für mich ist es bezeichnend, dass die Wachtturm Organisation vor der Presse leugnet, dass ihre „Theokratische Predigtdienstschule“ eine kirchlich basierte Schule sei und dass es einen „treuen und verständigen Sklaven“ gäbe.
 
Barbara Kohout  26. November 2011 · 
Kann "die Wahrheit" krank machen?
Ich durfte einen hoch interessanten Vortrag von Frau Prof. Dr. Reddemann, Psychoanalytikerin, Autorin und Fachärztin für psychotherapeutische Medizin hören. Sie beschäftigt sich mit Traumatisierungen und den Folgen.
Sie beschrieb in ihrem Vortrag anschaulich die Wirkung von Gewalt im Unterbewusstsein (hier ging es nicht um religiöse Gewalt und Seelenvergewaltigung). Unsere Psyche unterscheidet aber nicht zwischen den Auslösern des Drucks und der Gewalt. Also konnte ich eine frappierende Deckungsgleichheit mit meinen persönlichen Erfahrungen feststellen.
Frau Prof. Reddemann erläuterte, dass Gewalttäter es so darstellen, als wäre das Opfer Schuld an dem, was ihm angetan wurde. Sie bezeichnen es als dumm, faul, ungehorsam usw. (In meiner Erinnerung ist, dass ich als aufrichtig Gläubige keinen Grund hätte, mich unglücklich oder depressiv zu fühlen.)
 Daraufhin fängt das Opfer an, sich selbst mit den Augen des Täters zu sehen: "Ich habe mich zu wenig eingesetzt, zu wenig Glauben, zu wenig studiert, zu wenig gepredigt ect." Das führt zu der Überzeugung, man hat das Leid verdient (Depession oder psychosomatische Störungen wie Herz, Kreislauf, Magen, Darm ect.)
Gleichzeitig ist aber der Täter derjenige der Schutz gibt. Soziale Bindung, Hoffnung,            Lebensanweisungen. Diese Situation führt zu Angst ohne Ausweg - Täter und Schutzgeber sind eins -.
 
Die „liebevolle Bruderschaft“, die „Organisation unsere nährende Mutter“, der „Treue und verständige Sklave“ der „unter der Leitung des Geistes“ handelt. Das hält das autonome Nervensystem nicht unbegrenzt aus. Wenn der Punkt der Unerträglichkeit erreicht ist, kommt es zur Dissoziation. Das ist eine innere Spaltung der Persönlichkeit. Damit kann man die Täterschaft verleugnen, verdrängen.
Da sich in der Regel Lob und Druck ständig abwechseln, versucht das Opfer von Gewalt, sich durch Sozialisation mit dem Täter Erleichterung zu verschaffen. Bekannt ist das "Stockholm Syndrom", oder im Falle familiärer Gewalt übernehmen die Kinder die Funktion, die den Eltern zukommt: Bringen Medizin, kochen, putzen usw. In der Traumatherapie ist es ein häufig zu beobachtendes Phänomen, dass sich ein Opfer von Gewalt an die unmittelbar vorausgehenden Ereignisse nicht mehr erinnern kann. Es muss verleugnen, dass die gute Bezugsperson (Vater als Beispiel) Täter ist. Auf diese Weise verdrängen und verleugnen die Betroffenen die Misshandlung.
Wenn ich bei klarem Verstand darüber nachdenke, was ich als "gute Botschaft" verbreiten sollte: Bald kommt der große Krieg Gottes und 7 Milliarden Menschen werden in einem unvorstellbaren Blutbad vernichtet und die Fleischteile von den Vögeln des Himmels gefressen..." dann muss ich mich sehr beherrschen um keinen Schreikrampf zu bekommen. Das ging doch nur deshalb, weil ein anderer Teil meiner Person diese Tatsache komplett ausgeblendet hat und nur das Paradies, Überleben, Löwen die Stroh fressen und diese Scheinwelt gesehen hatte.
Wieso diese Bindung so stark ist, hat Frau Prof. Reddemann mit der Sehnsucht nach Schutz und den Grundbedürfnissen des Menschen erklärt. Der gläubige Zeuge Jehovas denkt, nur in dieser unauflösbaren Bindung werden seine Bedürfnisse befriedigt: Heimat, soziale Kontakte, Sicherheit, sinnstiftendes Handeln, ewiges Leben in einem Paradies. Er sieht keinen anderen Ausweg. Wer hat nicht schon häufig die bange Frage gehört: Aber wohin sollen wir denn gehen? Oder hat sie eventuell zunächst selbst gestellt?
Erst wenn diese unbewussten Vorgänge und Zusammenhänge verstanden werden, kann man Wege aus dem Zwang durch Stärkung der eigenen Kompetenz finden. Eine wesentliche Hilfe ist, alternative soziale Bindungen anzubieten. Hilfreiche Beziehungen sind das Bindeglied zwischen Psychologie und Neurobiologie.
Ich hoffe mit der Selbsthilfegruppe einen kleinen Beitrag zur Heilung zu leisten.
 
 
Wann ist Manipulation pathogen? 1. November 2011 um 16:29
Wie kann es sein, dass sich intelligente Menschen für eine Sekte oder Psychogruppe entscheiden?
Dieses Thema ist eigentlich eine Frage, die mir persönlich immer wieder mit ungläubigem Kopfschütteln gestellt wird. In Wirklichkeit wollen die Fragesteller formulieren:
Wie kann es sein, dass sie, als intelligenter Mensch so lange in dieser Sekte waren?
Meine Schlussfolgerung ist, dass wir unbewusst in die Falle von gezielter Manipulation geraten sind.
Einleitend möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass Manipulation per se grundsätzlich Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens ist. Das Neugeborene wird durch sein Schreien oder Lächeln oder Glucksendes Lachen die Eltern manipulieren, seine Wünsche zu erkennen und zu erfüllen und die Eltern werden durch geschickte Manipulation erreichen, dass ihr Goldschatz einen vernünftigen Schlaf/Wachrhythmus erreicht und alle werden glücklich sein.
Auch die Anfänge der Gruppe der ernsten Bibelforscher waren einer ganz normalen Entwicklung oder Manipulation unterworfen. Die Sozialisation durch eine gemeinsame Sprache, ergab sich ganz natürlich durch die Ausstrahlung ihres charismatischen Führers Charles T. Russel. Er gebrauchte seine eigene Sprache in seinen Vorträgen und Schriften und die Hörer und Leser und seine Jünger übernahmen die Formulierungen. Das fördert das Gefühl der Vertrautheit, der Gruppenzugehörigkeit und ergibt sich auch in anderen Gruppen und Vereinen aus der Fachsprache. Zum Beispiel sprechen Mediziner anders als Betriebswirtschaftler oder Fußballspieler.
Ich beklage Manipulation allerdings dann, wenn sie bewusst zum Zweck der physischen und psychischen Ausbeutung oder zur Täuschung anderer eingesetzt wird. In diesem Fall besteht das Risiko der pathogenen Wirkung und wird somit zu einem ernsten volkswirtschaftlichen Problem.
Es scheint sehr schwer vorstellbar, dass die Wachtturm Gesellschaft mit bewusster Manipulation arbeitet. Sie gilt als eine Gruppe von ehrlich Gläubigen. Darum habe ich einige Beispiele genannt, die ich als absichtliche Manipulation einstufen würde.
Ich verwende dabei als Beispiel die Broschüre: „Jehovas Zeugen – Menschen aus der Nachbarschaft“.
Diese Broschüre wurde 1995 zur Begleitung der Anstrengungen in Verbindung mit dem Antrag auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechtes herausgegeben. Sie ist zu dem Zweck gedruckt und verbreitet worden, ein positives Bild von der „Religionsgemeinschaft“ zu vermitteln.
Bereits mit der Titelseite kann man das Merkmal der Manipulation durch Sozialisationerkennen. Der Hinweis „Menschen aus der Nachbarschaft“ soll jeden ansprechen und alle Bedenken abbauen. „Wir sind wie Sie und alle anderen“ soll das ausdrücken. Die Bilder strahlen nur positive Signale aus. Strahlendes Lächeln, paradiesische Landschaft, fleißige Arbeiter, fröhliche Gemeinschaft in der Freizeit.
Der einleitende Text verwendet sehr viele positive Attribute, die diese Gruppe beschreiben:
„aufrichtigen Wunsch“, „Durchschnittsbürger“, „redliche Arbeit“, „glückliche Zukunft für ihre Kinder“, „sind Christen“, „Herzenswunsch allen Menschen Gutes zu tun und anderen zu helfen“.
Dann wird an das Mitgefühl appelliert, was eine positive Parteinahme bewirken soll: „in Verbindung mit dem Holocaust, … wurden im Dritten Reich heftig verfolgt… Konzentrationslager“.  
Zusätzlich der Hinweis, dass die Medien Dinge berichten die angeblich nicht den Tatsachen entsprechen und neuerdings scharf kritisiert werden. Aber Jehovas Zeugen vermeiden Konfrontation und das sei der Grund warum sie sich in Talk-Shows nicht mit „Gegnern ihrer Religion“ unterhalten.
Sublim verstehe ich in diesen Ausführungen, jeder der etwas gegen sie sagt ist auch ein „Gegner“. Aber es wird nichts darüber gesagt, dass man besonders die ehemaligen Zeugen als solche betrachtet mit denen absolut kein Kontakt bestehen darf. Wie würde das Bild in der Öffentlichkeit aussehen, wenn sie erfährt, dass dieses Kontaktverbot auch die engste Familie betrifft.
Scheinbar in der Absicht den Ball flach zu halten, ‚hält man den Medien zugute, dass ihnen zwar eine faire Berichterstattung am Herzen liegt, aber es kann ja zu unvollständigen Informationen oder zu Missverständnissen kommen.
Niemandem kommt es in den Sinn der Behauptung zu widersprechen, dass sie die Zeugen für den heiligen Namen Gottes sind. Es wird ja durch Bibeltexte belegt. Wer macht sich schon Gedanken darüber, an wen diese Aussprüche ursprünglich gerichtet waren? Geschweige denn, wo ein kausaler Zusammenhang zu einer Gruppe Religionsgründern im vorigen Jahrhundert besteht?
Wer diese Einleitung mit Wohlwollen gelesen hat, ist in seinem Unterbewusstsein bereit, die Quelle der Informationen als zuverlässig einzustufen.
Die Wissenschaftler sagen, wenn das passiert, werden die Informationen weitgehend ungeprüft aufgenommen. Man vertraut ihnen. Man glaubt der Information und dem der sie überbringt.
Darum glaubt man auch der folgenden Aussage auf Seite 4: „Sie verteidigen ihren Standpunkt „mit Milde und tiefem Respekt“ (1.Petrus3:15) Durch den Hinweis auf den Bibelvers wird nach meinem Verständnis die Methode der Manipulation „sich mit positivem verbinden“ angewendet. Denn die Bibel als Autorität wird kaum angezweifelt und diese Wirkung wird auf denjenigen übertragen, der sich mit ihr verbindet.
Es ist für mich daher nicht verwunderlich, dass niemandem mehr die Manipulation durch paradoxe Auszusagen auffällt, die mit dem folgenden Satz verwendet wird:
„Aufrichtige, aufgeschlossene Menschen (Anmerkung: wer wird hier das Gegenteil von sich behaupten? Durch die Zustimmung sozialisiert man sich aber mit der Gruppe) sind eingeladen, diese Broschüre zu lesen und sich dadurch eine objektive Meinung über Jehovas Zeugen zu bilden.
Was ist paradox? Die Behauptung, man könnte durch das Lesen einer subjektiv zu dem bestimmten Zweck verfasste Broschüre, eine objektive Meinung bekommen.
Das wäre nur durch das Lesen verschiedener Ansichten möglich. Aber gegensätzliche Meinungen werden ja geradezu als Kriegserklärung gesehen. Sie sollen nicht gelesen werden. (Hier soll nicht diskutiert werden inwieweit überhaupt Meinung objektiv sein kann)
Die Manipulation durch paradoxe Aussagen hat eine beabsichtigte Wirkung. Sie verwirrt. Es ist nicht möglich die Verwirrung aufzulösen. Man gibt irgendwann diesen vergeblichen Versuch auf und überlässt sich in antrainierter Hilflosigkeit, der Leitung, der man inzwischen blind vertraut.
Diese Broschüre beruft sich auf eine Sozialstudie (Seite 7) die 1994 gemacht wurde. Redlich wäre es, wenn sie auch darüber informierte, dass die Studie von Jehovas Zeugen selbst durchgeführt wurde. Sie haben die Fragen ausgearbeitet, haben den Befragten in zwei Briefen ausführliche Erklärungen gegeben, die bei der Beantwortung der Fragen „geholfen“ haben. Somit sind nach meinem Verständnis auch die statistischen Angaben, die als Ergebnis dieser Studie genannt werden, untauglich für die Bildung einer objektiven Meinung.
Nachdem ich die unterschiedlichsten Formen der Manipulation in wissenschaftlichen Abhandlungen kennen gelernt habe und sie mit dieser Broschüre verglichen habe, kann ich zu keinem anderen Ergebnis kommen, als dass es sich um ganz gezielte Manipulation handelt.
Aber ich will auch pathogene Auswirkungen der Manipulation darstellen.
Wie hat das denn im Falle meiner Familie funktioniert?
Am Anfang mussten gewisse Voraussetzungen zusammen treffen, die uns als Opfer empfänglich machten.
Es gab auf der einen Seite Bedürfnisse und es gab jemanden, der mit Versprechungen auf diese Bedürfnisse reagiert hat.
Wir waren Flüchtlinge, entwurzelt, traumatisiert durch den Verlust unserer Habe, Heimat, Freunde und Familie. Mein Vater hat den Krieg überlebt, ebenfalls traumatisiert nach Schützengraben, Gefangenschaft und allem Elend, dass er gesehen hatte.
Es war in unserem Fall nicht nötig auf ein besonders Wissen zu spekulieren.
Das was wir suchten musste das Gefühl ansprechen. Wer die Absicht hat zu manipulieren muss damit anfangen, das Gefühl zu beeinflussen. In der überwiegenden Mehrzahl der Religionsübertritte ist der Wechsel mit Umständen zu erklären die im Bereich Gefühle, Sehnsüchte, Enttäuschungen liegen. Nur ganz wenige beschäftigen sich mit den theologischen Aspekten und wählen bewusst eine bestimmte Lehre, die sie eher zufrieden stellt.
Unser Trauma betraf nicht  eine Enttäuschung in der Lehre. Wir haderten mit dem Schicksal.
Wir hatten Existenzängste. Wir fühlten uns unwillkommen und im höchsten Maße ungerecht behandelt.
Es ist nicht schwer zu erraten, dass wir eine neue Orientierung suchten.
Mein Vater hatte der Kirche den Rücken gekehrt, weil er mit einem Gott, der durch seine Vertreter Waffen segnen ließ, nichts mehr zu tun haben wollte.
Meine Mutter hat in allerletzer Minute nach der Flucht und dem Flüchtlingslager ihre Kinder vor dem Hungertod gerettet. Natürlich sehnte sie sich nach Frieden und Sicherheit.
Das Versprechen berücksichtigte genau diese Faktoren.
Der Krieg war nicht Gottes Wille. Er selbst wir sehr bald für ewigen Frieden sorgen. Das sagt er in Jesaja Kapitel 2, Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden…
Im Übrigen, wir Zeugen Jehovas waren sogar im KZ wegen Kriegsdienstverweigerung.
Flüchtlingsströme, Hungersnöte und Massendeportationen wird es dann nicht geben.
Das sagt Gott selbst: Micha 4: Sie werden tatsächlich sitzen ein jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum und niemand wird sie aufschrecken.
Das tut einer verletzten Seele gut. Es ist verlockend. Der Mann redete so überzeugend. Er hatte die Wahrheit, denn er zitierte stets aus der Bibel. Gott selbst garantierte ja für die Einhaltung der Versprechen. Gott kann nicht lügen. Das leuchtete ein. (Die Sozialisation durch die Berufung auf eine gemeinsam anerkannte Persönlichkeit)
 Dann erzeugte er ein Wir-Gefühl. Wir waren in der Gruppe willkommen. Wir gehörten zu den Auserwählten. Eine internationale Bruderschaft. Eifrige Diener Gottes. Wir hatten einen Vater im Himmel, eine nährende Mutter – seine irdische Organisation – die die geistige Speise austeilt und wir waren alles Brüder und Schwestern – eine Familie in vollkommener Einheit.
Die Sozialisation durch die Konstruktion einer Wirklichkeit.
Das Erzeugen von Bildern die mit positivem Empfinden besetzt sind.
Der innere Zusammenhalt in der Gemeinschaft, vermittelte ein Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit. Was mit der Behauptung: Wir haben die absolute Wahrheit vermittelt und verstärkt wurde.
Diese Versprechungen trafen auf ein tiefes Bedürfnis von verletzten und traumatisierten Seelen. Sie weckten Hoffnungen, denn es bestand die Aussicht, dass unsere Probleme sehr bald gelöst werden.
An diesem Punkt hätten meine Eltern skeptisch werden müssen. Sie hätten schon fragen müssen, wer denn die Garantie für das Einlösen der Versprechungen übernehmen wird.
Es wäre nicht schwer gewesen zu sehen, dass niemand dafür garantiert.
Aber in dem psychischen Dilemma, in dem sich meine Eltern befanden haben sie vertrauen wollen. Wer sollte es meiner Mutter verdenken, dass sie das Bedürfnis nach ausreichend Nahrung hatte. Es war die Zeit als es in unserem Land noch die Zuteilung auf die Lebensmittelkarten gab. Wir waren zwar nicht mehr vom Hungertod unmittelbar bedroht, doch war Schmalhans immer noch Küchenmeister.
Wie gerne hat sie dem Versprechen zugehört, dass es sehr bald Nahrung in Fülle für alle geben wird.
Auch hier war die Autorität nicht in Zweifel zu Ziehen. Es stand ja in der Bibel. Psalm 72: Es wird Fülle an Getreide auf der Erde geben…
Natürlich auch hier der tückische Trick, die Verantwortung bei Gott zu belassen. Er sagt es in der Bibel voraus.
Die Zeit der Flucht hatten wir absolut nicht verarbeitet. Das wollten wir natürlich nie wieder erleben müssen. Nie mehr diese Strapazen unter Lebensgefahr. Nie wieder alles, aber auch alles was man besitzt bei Nacht und Nebel zurücklassen müssen und sich einfach davonschleichen mit nichts mehr als man zu tragen vermag.
Auch meine Mutter    w o l l t e   glauben, dass Gott bald völlige Sicherheit für Mensch und Eigentum garantiert. Ein Bibeltext genügte ihr als „Beweis“ und Autorität.
Sie werden unter ihrem Weinstock sitzen und niemand wird sie aufschrecken. Welch eine verlockende Aussicht. Es war ein Traum, den sie gerne träumte.
Durch die Verlockungen und Versprechungen denen meine Eltern vertrauten, gerieten wir in die Falle der Abhängigkeit.
Als sich meine Eltern für diesen Weg entschieden hörte meine Kindheit auf, denn auch ich ließ mich – doppelt gebunden durch die Familie und die Gruppe – vor den Karren der „Verkündigung der guten Botschaft“ spannen. Weil wir alles ganz besonders ernst genommen haben, denn wir fühlten uns wegen der Rettung aus vielen Gefahren ja zu Dank verpflichtet, haben wir als Familie immer – wie die Anregung lautete – „mehr als das Gewöhnliche“ getan. Der Wunsch in der Gruppe anerkannt zu sein war Motivation alles zu tun, was dafür nötig war oder erwartet wurde.
Die vielen gesundheitlichen Probleme meiner Eltern, Geschwister und von mir und meiner eigenen Familie haben wir zwar nie der Ausbeutung durch den Gruppendruck zugeschrieben. Die Schuld und Ursache in den Anforderungen für die Wahrheit zu sehen wäre ein Sakrileg gewesen. Die Schuld musste immer bei uns selbst gesucht werden. Doch im Nachhinein kann ich vieles, was wir erlebten sehr wohl als gieren eines nimmer satten Molochs deuten, der uns immer und immer wieder mit der Gewissensfrage unter Druck gesetzt hat: ‚Hast Du auch alles was Du hattest und konntest für Jehova gegeben‘.  
Auch die vielen Berichte von Betroffenen, die nach der Lektüre meiner Bücher von ganz ähnlichen Erfahrungen berichten, bestätigen meine Einschätzung der Folgen einer gezielten Manipulation in der Absicht den größtmöglichen Einsatz für die Gemeinschaft zu erzielen.
Natürlich sind das nicht die einzigen Bedürfnisse, die Menschen so sehr bedrücken, dass sie nach einer Lösung im esoterischen oder religiösen Umfeld suchen.
Die innere Leere, die Suche nach Gott oder dem Sinn des Lebens, die Nachricht einer schweren Krankheit,
der Wunsch nach besseren Wohnverhältnissen, jemand ist von einem Verbrechen betroffen, der Verlust eines nahen Angehörigen durch den Tod, Scheidung oder Zerwürfnisse, mangelnde soziale Kontakte, Einsamkeit,
wirtschaftliche Not, Arbeitslosigkeit…
Viele Sorgen können so gravierend sein, dass man plötzlich gerne bereit ist zuzuhören, wenn jemand davon spricht, es wird bald alles besser.
Zu der Zeit als sich meine Eltern für die Bibelforscher entschieden haben, war man noch nicht zimperlich. So kurz nach dem Krieg war ein autoritärer Führungsstil die Norm und die Forderung nach absolutem Gehorsam war seit Preußens Gloria eine Selbstverständlichkeit.
Damals waren die Versammlungen darum noch autoritär geführt. Es gab einen „Versammlungsdiener“. Dieser hieß zwar Diener, aber im Wachtturm-Neusprech war für uns klar, er war der Boss. Entsprechend autoritär waren auch die Anweisungen in den Veröffentlichungen. Ich zitiere mal aus einem damaligen „Informator“, dem monatlichen Instrukteur für die Aktivitäten, der später in „Königreichsdienst“ umbenannt wurde:
<p>„ müssen wir predigen. ...</p><p>müssen die Wahrheit verkündigen ...</p><p>müssen wachsam und unermüdlich tätig sein,</p><p>Wir müssen vorandrängen ...</p><p>"Die verbleibende Zeit ist verkürzt."...</p><p>Die wahrheitssuchenden Menschen müssen gefunden werden.</p><p>Damit uns das gelingt, müssen wir gewandte Prediger sein.</p><p>Wir müssen unsere Erkenntnis erweitern ... müssen wir jedoch eifrig tätig sein. ...</p><p>Du musst auf dem Laufenden bleiben.</p>Du musst bei den Versammlungen aufmerksam zuhören ... müssen uns auch vor den feinen Schlingen in acht nehmen ... Vielleicht ist die Schlinge, die dich zu Fall bringen könnte, die Vergnügungssucht oder der Materialismus. Vielleicht verleiten dich Überstunden-Entschädigungen dazu, den Dienst oder die Zusammenkünfte zu versäumen. (Zitat Ende)
Das war ein wichtiger Hinweis darauf zur Zeit des beginnenden Wirtschaftswunders, nicht etwa mehr Zeit dem eigenen materiellen Fortschritt zu widmet als dem Predigen.
Inzwischen hat sich die Sprache entscheidend gewandelt. Heute erzeugt es Abwehr, wenn  von „müssen“ und  „Gehorsam“ gesprochen wird.
Bis zu der Entscheidung, sich einem Psychokult anzuschließen ist es darum ein weiter Weg. Die Werber sind sich darüber im Klaren, dass das Wichtigste Kapital für sie Vertrauen ist.
Darum wird auch der größte Wert der Schulung auf diese vertrauensbildenden Maßnahmen gelegt.
Im Königreichsdienst für August 2011 wird es wie folgt ausgedrückt:
„Ein Gedanke in einer dieser Veröffentlichungen mag das Herz eines Wohnungsinhabers ansprechen“
Die Aufmerksamkeit gilt also immer dem Herzen – dem Gefühl –. Sie suchen gezielt nach den jeweiligen Bedürfnissen und gehen dann mit Freundlichkeit und mit der angeblichen Autorität der Bibel darauf ein. Es ist also völlig normal, dass sich die Zeugen 99 Mal freundlich verabschieden, wenn man „nein danke“ sagt. Aber sobald ein Problem erwähnt wird, das plötzlich aufgetreten ist, werden sie mit gut vorbereiteten Antworten darauf eingehen.
Das wird in den wöchentlichen Zusammenkünften gründlich gelehrt, geübt, demonstriert und in den Sinn der Zeugen eingegraben.
Wie spricht denn die Wachtturmschrift das Herz der Zeugen heute an?
Es ist immer die gleiche Taktik und Technik: Ein Bedürfnis erkennen, Das Gefühl ansprechen…
Ich habe aus dem Universal Handbuch der Zeugen: „Unterredungen anhand der Schriften“ eine kleine Demonstration vorbereitet, wie das so in den Versammlungen gelehrt wird.
Ich nehme als Fallbeispiel das Stichwort  
Ermunterung
*** rs S. 133 - S. 134 Ermunterung ***
Etwas, was Mut macht oder Hoffnung einflößt. Jeder braucht Ermunterung. Jemand zu ermuntern kann persönlichen Einsatz erforderlich machen oder darin bestehen, ihm gegenüber Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Häufig besteht die Ermunterung darin, dass man jemandem hilft, mit einer schwierigen Situation fertig zu werden, oder darin, Gründe anzuführen, die den Glauben an eine bessere Zukunft stärken. Die Bibel bietet die beste Grundlage für eine solche Ermunterung, und die unten angeführten Texte können für Personen in den verschiedensten Situationen eine Hilfe sein.
Definition: Ist nicht im landläufigen Sinn jemanden Mut zu machen oder einfach Trost, Verständnis haben, Hilfe anbieten, Mitgefühl zeigen –
Es impliziert dies alles und ist gleichzeitig eine Forderung, Auftrag oder Pflicht für den Prediger. Durch seine adäquate Reaktion soll er sein Gegenüber gewinnen und für seine Werbung interessieren, den Glauben an eine bessere Zukunft stärken.
Am Beispiel Tod:
Der Wohnungsinhaber beklagt den Tod eines Angehörigen. Darauf wird mit freundlichem Mitgefühl reagiert. Ist natürlich menschlich. Das tut jeder der Mitgefühl hat auch. Aber es ist bedenklich, wenn der Zeuge Jehovas auf Grund einer Todesanzeige ungebeten kommt und nicht nur einfach Trost spendet, sondern eben den Versuch unternimmt mit seinen Werbeschriften zu Missionieren. In dem Unterredungsbuch werden zum Beispiel folgende Bibeltexte vorgeschlagen: Joh. 5:28, 29: „Wundert euch nicht darüber, denn die Stunde kommt, in der alle, die in den Gedächtnisgrüften sind, seine Stimme hören und herauskommen werden, Joh. 11:25, 26: „Jesus sprach zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer Glauben an mich ausübt, wird zum Leben kommen, auch wenn er stirbt;
Der Bibeltext erfüllt mehrere Merkmale der manipulativen Verwendung.
Zunächst ist das Wort „Gedächtnisgruft“ ein Wachttrum Wort, das in den Originalschriften auf die sich die Übersetzer berufen, nicht vor kommt. Der Gebrauch legt die Grundlage für spätere Erklärungen der Zeugen, was nach dem Tod geschieht. Keine Seele, kein Himmel für die allgemeinen Menschen. Nur die geistige Auferstehung der 144 000… Der vollständige Text enthält den Verweis auf zwei verschiedene Möglichkeiten der Auferstehung: Die Guten bekommen eine Auferstehung des Lebens und die schlechtes getrieben haben eine Auferstehung des Gerichtes.
Diesen Text braucht die WTG um zu „beweisen“ dass alle die keine Zeugen sind das Schlechte „treiben“. Andere Übersetzungen sagen hier „getan haben“ oder „verübt haben“, eine allgemeinere Feststellung. Was halt Menschen im Allgemeinen so tun.
Hier ist bereits in den wenigen Sätzen der einleitend gebrauchten Bibeltexte eine Menge Grundlage gelegt für die spätere Indoktrinierung.
Das gleiche gilt für einen zweiten Schrifttext: Glauben an mich ausübt steht nicht in den Originalschriften. Es heißt einfach: Wer an mich glaubt.
Aber dieses ausüben, benötigt man ebenso wie das fortgesetzt Erkenntnis in sich aufnehmen aus Joh. 17:3 um in der weiteren Belehrung die dauernde Beschäftigung mit den Wachtturm Schriften und den Aktivitäten innerhalb der Gruppe angeblich biblisch zu beweisen.
Wir können also an diesem Beispiel mehrere wichtige Voraussetzungen für das Funktionieren der Manipulation erkennen:
  1. Ein Bedürfnis wird erkannt – Todesfall
  2. Durch die Reaktion des Predigers wird das Gefühl angesprochen
  3. Die Antwort verspricht eine Lösung oder vermittelt Hoffnung
  4. Der Prediger beruft sich auf eine scheinbar vertrauenswürdige Quelle. Er wirkt kompetent, denn er kennt sich aus
  5. Die Lösung des Problems ist sehr bald zu erwarten. Das weiß der Überbringer aus erster Hand, denn er ist von Gott selbst autorisiert.
  6. Gott ist es auch, der die Veränderungen, das Versprochene bringen wird.
  7. Für die Belohnung kann und muss der Empfänger dieser Wohltaten selbst etwas tun. Er muss Glauben ausüben. Glauben allein, wie es in anderen Übersetzungen heißt, genügt nicht. Was es ist, kann die von Gott eingesetzte Leitung ganz genau sagen.
  8. Es ist die absolute Wahrheit.
 
Ein weiteres Beispiel ist
Gesundheit:
„Entschuldigen Sie, aber mir geht es nicht gut. Ich habe eine schlimme Krankheit und es besteht wenig Aussicht auf eine Heilung“ mag jemand an der Türe sagen, eigentlich weil er das Gespräch beenden möchte. Er hofft auf Verständnis dafür, will höflich sein und nicht direkt abweisend. Aber genau das ist für den Missionierer das Stichwort um seine vorbereitete Arbeit zu beginnen: Er gebraucht wieder den Vorschlag aus dem Buch „Unterredungen anhand der Schriften“ mit der beruhigenden Einleitung, er würde nur zwei tröstende Texte aus der Heiligen Schrift zurück lassen und sagt folgendes:
Mat. 9:35: „Jesus lehrte. . . und predigte ...und heilte jede Art Krankheit und jede Art Gebrechen.“ Dadurch, daß Jesus (Anmerkung: Sozialisation mit einer Autorität die von beiden anerkannt ist, schafft Vertrauen) das Heilen mit dem Predigen in Verbindung brachte, kündigte er auf wunderbare Weise an, was er in den tausend Jahren seiner Regierungszeit für die Menschen tun wird.
2. Kor. 4:13, 16: „Auch wir [üben] Glauben aus . . . Darum lassen wir nicht nach, sondern wenn auch der Mensch, der wir äußerlich sind [unser physischer Leib], verfällt, wird gewiß der Mensch, der wir innerlich sind, von Tag zu Tag erneuert [oder erhält neue Kraft].“ Vielleicht nimmt unsere physische Kraft ab. Aber in geistiger Hinsicht werden wir erneuert, während wir uns ständig mit den kostbaren Verheißungen Gottes befassen.
 Dann käme an dieser Stelle der Hinweis, dass sich die Verheißungen sehr bald erfüllen werden, dass wir die Zeichen der Zeit des Endes erkennen können.
Auch in dieser Antwort können wir alle Kriterien der Manipulation finden:
  1. Ein Bedürfnis wird erkannt – der Wunsch nach Gesundheit
  2. Durch die Reaktion des Predigers wird das Gefühl angesprochen
  3. Die Antwort verspricht eine Lösung oder vermittelt Hoffnung
  4. Der Prediger beruft sich auf eine scheinbar vertrauenswürdige Quelle. Er wirkt kompetent, denn er kennt sich aus
  5. Die Lösung des Problems ist sehr bald zu erwarten. Das weiß der Überbringer aus erster Hand, denn er ist von Gott selbst autorisiert.
  6. Gott ist es auch, der die Veränderungen, das Versprochene bringen wird.
  7. Für die Belohnung kann und muss der Empfänger dieser Wohltaten selbst etwas tun. Er muss Glauben ausüben oder sich „ständig mit den Verheißungen befassen. Glauben allein, wie es in anderen Übersetzungen heißt, genügt nicht. Die genaue Erklärung des Glaubens kann die von Gott eingesetzte Leitung zuverlässig geben, da sie vom Geist Gottes geleitet wird.
  8. Es ist die absolute Wahrheit.
 
Durch sublim vermittelte Botschaften Gewissendruck erzeugen.
Eine weitere Form der Manipulation, die ich in den Schriften der Wachtturm-Gesellschaft erkenne.
Beispiel:   Wachtturm vom 15. Februar 2009 Seite 24-28 – Thema „Diese sind es; die dem Lamm beständig folgen“.  Der Studienartikel will beweisen, dass die Wachtturm Organisation der von Christus gebrauchte „treue und verständige Sklave“ ist.
Jeder Zeuge, der nicht bereit ist, das anzuerkennen wird mit Gemeinschaftsentzug bestraft.
Das Wort „Sklave“ kommt dann in den folgenden 12 Absätzen  insgesamt 24 Mal vor.
(Der Wissenschaftler sagt hier, das sei Manipulation durch Konditionierung. An zahlreichen Experimenten mit Tieren konnte man nachweisen, dass durch die häufige Wiederholung ein bestimmtes Verhalten so wirksam eingeprägt werden kann, dass es immer sofort ausgelöst wird, wenn das Signal gegeben wird. Zum Beispiel beim Klingeln gibt es Futter, oder ein Stromschlag verhindert, dass der Hund durch die offene Türe ins Freie geht)
Im Absatz 2 dieses Studienartikels wird einfach behauptet, eine Prophezeiung Jesu über das Zeichen seiner „Gegenwart und des Abschlusses des Systems der Dinge“ beziehe sich genau auf die heutige Zeit und auf die Mitglieder dieser „Sklavenklasse“ in New York.
Als „Beweis“ wird wie üblich, willkürlich ein Bibelzitat mit der Aussage: „In ihrem Mund wurde keine Unwahrheit gefunden, denn sie haben keine Irrlehren verbreitet“, auf sich selbst angewendet. Wer diese Behauptung jedoch überprüft wird sie natürlich sehr schnell als Lüge entlarven. (1925, 1975, Beteiligung im 1. Weltkrieg)
Aber eine Behauptung des Sklaven ist keine Sache zur Prüfung. Sie soll als absolute Wahrheit angesehen werden.
Im Absatz 3 wird gefolgert: „Jesus hat den „treuen und verständigen Sklaven“ „über seine Hausknechte“ eingesetzt, „um ihnen ihre Speise zur rechten Zeit zu geben“. Auch hat er den „Sklaven“ über seine ganze Habe“ gesetzt. (Mat. 24:45-47) In dem angeführten Bibeltext stellt Christus lediglich eine Frage und gibt keinen Hinweis darauf, wen er meint. Die Aussage der Bibel wird mit der Behauptung ergänzt: „Dazu gehört unter anderem die „große Volksmenge“ „anderer Schafe“ (…)
Dann kommt die Gewissensfrage, denn ein gut geschultes Gewissen ist eine Grundvoraussetzung dafür, den Lehren blind zu gehorchen: (Zitat)„Wäre nicht von den einzelnen gesalbten Christen und den „anderen Schafen“ zu erwarten, dass sie dem vertrauen, der über sie eingesetzt worden ist?“ (Zitat Ende)
 Vertrauen wird also erwartet. Es heißt nicht mehr: „Ihr müsst vertrauen“, nein es wird sublim durch „wäre es nicht zu erwarten“ ersetzt.
(Der Wissenschaftler nennt diese Form: Möglichkeiten erzeugender, permissiver Stil der Manipulation in der Hypnosesprache)
Die Begründung ist lediglich eine Behauptung bei der man sich ohne Skrupel auf die Autorität Jehova und Christus bezieht:
(Zitat) „Es gibt viele Gründe, weshalb die Sklavenklasse unser Vertrauen verdient. …
1. Jehova vertraut der Sklavenklasse. 2. Jesus vertraut ebenfalls dem „Sklaven“.(Zitat Ende) 
Die angeführten Schrifttexte enthalten Aussagen über das Vertrauen Gottes und Christi zu seinen Dienern. Dem kann der Zeuge Jehovas nicht widersprechen. Er übernimmt daraufhin kritiklos die Behauptung, dieses Vertrauen wird ihrer „leitenden Körperschaft“ gegeben.
(In Absatz 9 steckt des Pudels Kern): (Zitat) „Noch etwas: Jesus Christus hat den „treuen und verständigen Sklaven“ „über seine ganze Habe gesetzt … . Das schließt die Gebäude der Weltzentrale und der Zweigstellen von Jehovas Zeugen in zahlreichen Ländern ein, ihre Kongress- und Königreichssäle sowie alle Tätigkeiten, die mit dem Verkündigen des Königreiches und dem Jüngermachen zu tun haben. Wer würde eine derart wertvolle „Habe“ jemandem zur Verwaltung und Benutzung übergeben, dem er nicht vertraut?“(Zitat Ende)
Die Königreichssäle und Kongresssäle wurden mit Hilfe von freiwilligen Arbeitern und freiwilligen Spenden errichtet. Nun hat Christus den „Sklaven“ über diese Habe gesetzt.
Die Spenden, die für den Wachtturm Konzern nötig sind, werden nun auch nicht mit der Aufforderung „ihr müsst Spenden“ eingesammelt. Auch hier wird mit einer rührseligen Geschichte, die man wahlweise der Bibel oder einer „Erfahrung“ entnimmt, ein Vorbild geschaffen und dann die Erwartung abgeleitet, es genauso zu machen. (Manipulation durch suggestive Strategien: Was die Anderen können kannst Du auch)
Auch hier ein Beispiel aus dem WT vom 15. Februar 2011 (interner WT) Unser Handeln in der Zeugen-Vergangenheit basierte auf Veröffentlichungen nach diesem Muster, von denen es unzählige gibt. das Thema in dem Beispiel:
(Zitat) „Gottes Anerkennung zu gewinnen bringt ewiges Leben ein“ (Zitat Ende)
Welche Botschaft signalisiert dieser Titel? Gewinnen ist sicher nicht im Sinne eines Lottogewinnes gemeint. Es soll bedeuten, dass der Lohn ewiges Leben und Anerkennung auch einen Einsatz erfordert. Was unter dem Einsatz zu verstehen ist, kann dann an dem Beispiel abgeleitet werden, das zur Einleitung der Abhandlung gebraucht wird:
(Zitat) „DIE Frau und ihr Sohn hatten Hunger. Gottes Prophet aber auch. Sie suchte gerade ein wenig Feuerholz zum Kochen zusammen, da bat Elia sie um Wasser und Brot. Sie war zwar bereit, ihm etwas zu trinken zu geben, doch alles, was sie noch zu essen hatte, war ,,eine Handvoll Mehl in dem großen Krug und ein wenig Oel in dem kleinen Krug.“ Diese Witwe in Zarephath konnte es sich eigentlich nicht leisten, dem Propheten etwas abzugeben, und ließ ihn das auch wissen (1. Kö. 1Zg-12). 2 Doch Elia beharrte auf seiner Bitte: ,,Mache mir von dem, was da ist, zuerst einen kleinen runden Kuchen, und du sollst ihn zu mir herausbringen, und für dich und deinen Sohn kannst du danach etwas machen. Denn dies ist was Jehova, der Gott Israels, gesprochen hat: ,Der große Mehlkrug selbst wird nicht erschöpft, und der kleine Ölkrug er wird nicht leer werden"'(1. Kö.1213,14)“.  (Zitat Ende)
Die Geschichte appelliert an das Gefühl. Eine arme Witwe und ihr Kind. Sie bereitet mit ihren letzten Vorräten eine Mahlzeit für den Propheten, - wir verstehen die sublime Botschaft – der Einsatz ist: Alles was wir haben. Vor allem mit diesem Glauben. Dass diese Schlussfolgerung kein Missverständnis ist wird mit den folgenden Ausführungen deutlich:
 (Zitat Jeder von uns heute steht vor einer ähnlichen Frage.(Anmerkung: Eine Behauptung, die nicht überprüft wird, weil der Quelle vertraut wird. Sonst müsste man fragen wo denn die Parallelen tatsächlich sind)  Was liegt uns mehr am Herzen: dass sich Jehova über uns freuen kann oder dass wir materiell abgesichert sind? Wir haben allen Grund, unserem Gott zu vertrauen und ihm zu dienen. Was können wir denn dafür tun, sein Wohlgefallen zu gewinnen? „Warum sollte uns Gottes Liebe motivieren, ihm zu dienen? Jehova hat uns aus dieser Sklaverei samt ihren schrecklichen Begleitumständen freigekauft, indem er für das entsprechende Lösegeld gesorgt hat“  „Um Gottes Anerkennung zu erhalten, müssen wir unsere Willensfreiheit richtig gebrauchen. Er zwingt nämlich niemand dazu ihm zu dienen“   (Zitat Ende)
Auch hier ein deutliches Beispiel für paradoxe Aussagen. Wir müssen… aber er zwingt niemanden… Ein unzweideutiger Hinweis darauf, wie das Beispiel der Witwe anzuwenden ist. Alles was wir haben für Jehova (WTG), falls wir lieber etwas für uns zurückbehalten, haben wir zu wenig Vertrauen, oder wie es im Wachtturm-Neusprech heißt: Wir sind nicht geistiggesinnt.
Ohne Abstriche wird diese Begebenheit in unsere Zeit übertragen. Ohne Ausnahme soll sich jeder eine ähnliche Frage stellen. Der Wunsch und die vernünftige Absicht, für eine materielle Absicherung zu sorgen, freut  Jehova offenbar nicht. Die sublime Botschaft ist: Du hast doch kein Vertrauen zu Gott, wenn Du selbst für Deine materiellen Bedürfnisse im Alter vorsorgst.
In diesem Satz wird zwar nicht bewiesen, dass Jehova nur eine Anbetung von armen Menschen oder Witwen wünscht. Es wird auch so nicht offen im Wachtturm gesagt. Auch hat es wohl wenig mit dem Predigen der Guten Botschaft zu tun, dass eine Frau in Zarephat für einen Hungrigen Gast eine Mahlzeit kochte. Aber die sublime Botschaft laute: Wenn ich mich beruflich engagiere statt als Pionier zu arbeiten oder vermehrten Dienst zu tun, dann tue ich etwas, was Jehova nicht wünscht.
So funktioniert die Brooklyn-Manipulation wie ich sie nun verstanden habe. Auf diese Weise erreichen sie, dass ihre Schafe tun was der Sklave erwartet.
 (Zitat) „Der Mensch ist von Gott mit einem freien Willen ausgestattet worden, mit der Fähigkeit, zu denken und zu entscheiden' […](Zitat Ende)
Vordergründig eine klare Feststellung. Sublim jedoch auch ein erhobener Zeigefinger. ‚Wenn Du Dich falsch entscheidest, bist Du selber schuld.
Wie soll man das nun auffassen? Ist es freiwillig, oder erwartet es Jehova. Werde ich nur dann von ihm belohnt oder anerkannt, wenn ich eine ganz bestimmte Entscheidung treffe?
Würde ich meinem Kind die Wahl lassen, welches Eis es essen möchte und es mit Bestrafung bedrohen falls es nicht das Erdbeereis wählt?
Es gibt so viele paradoxe Aussagen vonseiten des Sklaven. Die kann man einfach nicht in Übereinstimmung bringen. Irgendwann gibt man auf und sagt sich: Ich verstehe es zwar nicht, aber der Sklave wird schon wissen was er tut. Dann ist das Ziel erreicht. Eine antrainierte Hilflosigkeit. Man trifft keine eigenen Entscheidungen, sondern überlässt alles dem Sklaven. Damit werden die paradoxen Aussagen zu doublebind Aussagen.
Auch meine Eltern wurden unfähig selber zu denken und zu entscheiden. Eine der am häufigsten gebrauchten Aussagen meiner Mutter, wenn sie keine Antwort auf eine Frage hatte, ist und war:
„Wir müssen eine wartende Haltung im Hinblick auf Jehova einnehmen“ alles was wir wissen müssen, wird uns der Sklave im Wachtturm mitteilen.
Als Beispiel dafür ein weiteres Zitat:
„Warum sollte uns Gottes Liebe motivieren, ihm zu dienen? Jehova hat uns aus dieser Sklaverei samt ihren schrecklichen Begleitumständen freigekauft, indem er für das entsprechende Lösegeld gesorgt hat“ (Lies Römer 5:21) […] Zitat (Ende)
In der Frage ist eine Doublebind Botschaft, die verwirrt. Wozu kann Liebe motivieren? Sie ist eine Emotion und kann erwidert werden. Also ich kann Gott auch lieben, wenn ich seine Liebe verspüre. Aber motiviert Liebe dazu bestimmte Anforderungen zu erfüllen? Entweder ich handle aus Liebe oder weil ich etwas schuldig bin oder weil es von mir verlangt wird. Aber wenn es erwartet wird, dann bin ich nicht mehr frei in meiner Entscheidung. 
Wer hat mich von der Sünde erlöst? Jehova oder Christus? Was bedeutet das entsprechende Lösegeld? Kann man die Schuld der Sünde bemessen und bewerten? Der angeführte Bibeltext löst dann eine endgültige Verwirrung aus: „…so auch die unverdiente Güte als König regiere durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus, unseren Herren“ Es ist eine unverdiente Güte die durch Christus zum ewigen Leben führt.
Bei all diesen verwirrenden, ungelösten Fragen dann die Feststellung:
(Zitat) „Um Gottes Anerkennung zu erhalten, müssen wir unsere Willensfreiheit richtig gebrauchen. Er zwingt nämlich niemand dazu ihm zu dienen“.(Zitat Ende)
Was nun? „Müssen“ oder „zwingt niemand“?
Nachdem in Sachen Willensfreiheit bereits auf Adam und Eva verwiesen wurde, wird man sich hüten etwas anderes als das Empfohlene zu wählen. Wieder wird nachfolgend das Gefühl angesprochen. Die sublime Botschaft lautet: Es fühlt sich gut an, wenn Du wie Jesaja antwortest.
(Zitat) „Es steht Menschen frei, ob sie Gott dienen möchten oder nicht Jehova wünscht sich, dass wir uns gern dafür entscheiden. (Lies Josua 24:15) Wer ihm lustlos gezwungenermaßen dient, macht ihm damit keine Freude, genauso wenig wie jemand, der es nur deshalb tut, um bei anderen Menschen gut dazu stehen“ (Zitat Ende)
Auch mit dieser Aussage ist eine paradoxe Botschaft  verbunden die zu doublebind führt und zur antrainierten Hilflosigkeit. Steht es dem Menschen nun frei oder wünscht Jehovas etwas Bestimmtes? Ist es freiwillig oder MÜSSEN wir etwas Bestimmtes tun? In dem angegebenen Bibeltext, sagt Josua zu dem Volk der Israeliten, es stünde ihnen frei zu wählen. Er und sein Haus haben sich für Jehova entschieden. Hier wird die Wahlfreiheit nicht durch eine bestimmte Erwartung eingeschränkt. Aber die sublime Botschaft in dem Wachtturm-Artikel lautet: Wenn Du Jehova so anbeten möchtest wie ER es will dann mach es genauso wie Jesaja oder Josua.
(Zitat Fortsetzung: mit der Gewissensfrage, die Druck erzeugt:)
„ Würden wir zulassen, dass sich weltliche Interessen nachteilig auf unseren heiligen Dienst auswirken - wir ihn sozusagen nur zögernd verrichten -, könnten wir nicht damit rechnen, dass uns Jehova seine Anerkennung schenkt (2. Mo. 22:29). […]“ (Zitat Ende)
Eine Behauptung, die so nicht bewiesen wurde. Ein in sich völlig widersprüchlicher Satz. Kann man mit der Anerkennung Jehovas rechnen wenn man etwas Bestimmtes tut oder wird sie uns geschenkt?
Der Bibelverweis bezieht sich jedenfalls auf die Vorschriften des Gesetzesbundes mit dem Volk der Hebräer. Sie hatten konkrete Vorgaben  über die Abgabepflicht des Zehnten und der Erstgeburt. Wie soll man das auf das Gebot des Christus übertragen, der laut den Evangelien den Gesetzesbund mit an den Stamm genommen hat und das neue Gebot der Liebe gegeben hat? Wie viele Vorschriften und Forderungen hat er denn seinen Jüngern hinterlassen? Der Konzern setzt sich an die Stelle von Gott und Christus gleichzeitig und macht es damit solchen die ihm vertrauen unmöglich, eigene Entscheidungen zu treffen. Denn indem man die Vorschriften der Hebräischen Schriften mit dem griechischen Schriften so untrennbar verknüpft ergeben sich zwangsläufig unlösbare Widersprüche, sobald man Fragen stellt.
(Zitat) „, wie eifrig wir die gute Botschaft predigen. wir vertrauen voll und ganz darauf, dass Jehova für unsere täglichen Bedürfnisse sorgen kann (Mat. 6:33,34)“ (Zitat Ende)
 
Hier kommen wir also zu des Pudels Kern. Alles was in unserem Leben zählen sollte ist, für die Verbreitung der Botschaft zu sorgen, die in den Wachtturm-Schriften enthalten ist. Mat.6:33, 34  in dieser Verbindung angeführt erweckt den Anschein, als hätte Jesus selbst dazu den Auftrag gegeben. Doch der Kontext zeigt, dass er in Wirklichkeit nur tröstende Worte gesprochen hat. Er wollte, dass sich die Menschen nicht übermäßig um die alltäglichen Dinge des Lebens Sorgen machen sollten. Er wollte ihnen das Vertrauen in Gott vermitteln, der für alles sorgen kann, da er weiß was ein Mensch braucht. Verknüpft man diese Gedanken mit Matth. 25:31-40 dann versteht man, dass Jesus solche Menschen zu seiner Rechten einsammelt, die den Nächsten mit guten Taten lieben indem sie Hungrige speisten, Durstigen zu trinken gaben, Fremde gastfreundlich aufnahmen, Nackte bekleideten und Kranke besuchten. Es ist dort nichts von Predigen geschrieben. Aber diese Taten der Nächstenliebe sind nicht an eine Konfession gebunden. Auch von einer solchen Voraussetzung wird bei dieser Beurteilung von Gut und Böse nicht gesprochen.
„Opfer, die Jehova gefallen“
Die sublime Botschaft unter diesem Untertitel lautet denn auch, der Haus-zu-Haus-Dienst ist ein Opfer für Jehova und je freudiger er getan wird, desto mehr freut sich auch Jehova. Immer wieder wird dies wiederholt um es tief im Unterbewusstsein zu verankern. (Konditionierung durch häufiges Wiederholen)
Wieder ist man aber verwirrt über die „Beweise“ aus der Bibel, die sich nicht wirklich auf die eigene Situation übertragen lassen. Die Psalmen beschreiben, dass man stets und überall Gott preisen kann. Der Einsatz im Predigtwerk ist ein Liebesbeweis. Man kann den Widerspruch nicht auflösen. Liebe als Emotion kann man nicht beweisen, nur fühlen. Niemand könnte vor Gericht „Liebe“ als „Beweismittel“ vorlegen um eine Schuld oder Unschuld zu beweisen. Darum die Behauptung es wäre die höchste Freude zu predigen. Das Gefühl der Freude muss also aufkommen, wenn man predigen geht.
Gleichzeitig verwirrt die Darstellung, dass wir für die unverdiente Güte, die wir geschenkt bekommen, eine Gegengabe bringen müssen. Wir wären das unsererseits schuldig und zwar „freiwillig“ und „freudig“ zu predigen. Eine wirklich unauflösbare, gegensätzliche Botschaft die deshalb einfach geglaubt wird, weil man keine andere Lösung dafür findet.
Manipulation durch Verwirrung um die Abhängigkeit von der Führung zu erzeugen.
Nun fehlt noch der letzte Teil der Manipulation. Um sie unverrückbar zu verankern muss sie mit Drohung kombiniert werden: (Im Experiment mit Hunden hat man Stromschläge verwendet, im Falle von Häftlingen, drohte man, wenn sie durch die Türe gehen werden sie erschossen, die Wärter im Zentrum des Gefängnistraktes stünden dort mit Gewehr im Anschlag)
(Zitat) „[…]Es war der Teufel, der Eva damals einredete, das wunderbare Leben, das Jehova ihr in Aussicht stellte, sei nichts wert, und sie könne gut auf seine Anerkennung verzichten. Auch heute bombardiert Satan die Menschen mit der Propaganda Gottes Willen zu tun sei der Mühe nicht wert.
Doch Eva und ihr Mann mussten feststellen: Wer Gottes Wohlwollen verliert, verliert sein Leben. Mit derselben bitteren Wahrheit werden bald alle konfrontiert werden, die heute ihrem schlechten Beispiel folgen“ (Zitat Ende)
Sublim also die Drohung: Wenn Du Dich nicht auf das ewige Leben freust und den Lohn den Jehova den Predigern gibt (Nicht die Wachtturm-Gesellschaft wird die Versprechungen einlösen müssen), dann bist Du wie Adam und Eva mit dem Teufel im Bunde. Vor allem ist es wichtig, die Dringlichkeit im Sinn zu behalten. Es ist nicht mehr viel Zeit. Man kann die Sorge um die Errettung nicht hinausschieben.
(Zitat) "22 Sehr bald wird Gottes Gerichtstag … (Zitat Ende)
Bei dem Angeführten Beispiel, in dem Christus als Richter alle Menschen vor sich versammelt um sie in Schafe und Böcke aufzuteilen, lädt er niemanden ein, von dem gesagt werden konnte, er war ein guter Prediger. Er lobte ausnahmslos die Taten der Nächstenliebe: Hungrige speisen, Nackten Kleidung geben, Kranke pflegen, ect. Doch die Anhänger dieses Glaubens sind durch die vorangegangene „Belehrung“ in diesem Artikel bereits so sehr eingeschüchtert und verwirrt, dass solche wichtigen Details nicht mehr auffallen. Im Unterbewusstsein wirkt die Drohbotschaft. Sie ist gespeichert und gepaart mit dem Hinweis, dass „sehr bald“ Gottes Gerichtstag kommt.
Wir und viele andere fühlten uns veranlasst, auf Karriere und unseren eigenen materiellen Vorteil zu verzichten. Wir entschieden uns dafür, lieber auf die Altersvorsorge durch eine Lebensversicherung zu verzichten und stattdessen diesen Betrag als Spende für das Königreichswerk zur Verfügung zu stellen. Damit taten wir das, was eine Leitende Körperschaft als Gottes Willen darstellte. Wer im Alter dann keine eigene Versorgung hat und auf die Hilfe des Staates angewiesen ist, wird zum Beispiel und Beweis, dass eine beabsichtigte Manipulation zur Ausbeutung ein volkswirtschaftlicher Schaden ist.
 
Es ist den Schreibern solcher Artikel bewusst, dass sie an das Gefühl appellieren. Das beweist der Satz:
(Zitat) „Wir kennen bestimmt das gute Gefühl, das sich einstellt, wenn man das Richtige tut“. (Zitat Ende)
Die neuesten Schriften werden immer nach den Anweisungen im Königreichsdienst angeboten und immer wieder der Hinweis, dem Wohnungsinhaber Fragen zu stellen auf die er vielleicht eine Antwort sucht und ihn damit zu beeindrucken, dass man die Antwort aus der Bibel kennt. Da selbst Doktoren und sehr gebildete Menschen, selten eine genaue Kenntnis der Bibel besitzen, beeindruckt das neben dem beabsichtigten Gefühl auch den Intellekt. „Oh, die wissen aber viel aus der Bibel…“.
Dass man von ihnen als den „friedliebenden“,  „freundlichen“, „harmlosen“ Gläubigen spricht, die doch keiner Fliege etwas zu Leide tun ist das erklärte Ziel der gründlichen Schulung. Die Maxime lautet: „Wir dürfen keine Schmach auf den Namen Jehovas bringen“ und „wir müssen die Menschen durch unser Verhalten ohne Worte gewinnen“.  
 
Die Vertrauensbildende Maßnahme ist also: Das Gefühl ansprechen, durch Bibelwissen glänzen, damit Kompetenz zeigen und die „Konkurrenz“ unglaubwürdig machen.
Die Wissenschaftler sind sich darin einig, dass unser Unterbewusstsein alle Informationen, die auf uns in jeder Sekunde einströmen selektiert in „Vertrauenswürdige Quelle“ oder „nicht Vertrauenswürdige Quelle“. Das fängt schon bei dem Baby in der Wiege an. Das Lächeln der Mutter schafft Vertrauen.
Wenn es den Vertretern der Wachtturm Organisation gelingt, sie als absolut vertrauenswürdige, zuverlässige Quelle in das Unterbewusstsein der Zielperson einzugraben, dann können sie selbst falsche Lehren schönreden und eine kognitive Dissonanz mit ganz einfachen Mitteln in Konsonanz uminterpretieren.
 
Beispiele dafür gibt es sehr zahlreich. Sei es die Änderungen in der Lehre oder in der Berechnung der Endzeitdaten. Die Schriften der Wachtturm-Gesellschaft sind voll davon. Als kurze Beispiele sollen die Erklärungen im Jahre 1985 und 2011 dienen
Im Wachtturm vom 1. Mai 1985 wird gesagt, es war eine besondere Wachsamkeit, dass man Harmagedon zu früh erwartete.
Dort wird am Beispiel des Propheten Habakuk folgendes ausgeführt: „Warum sagte Habakuk: ‚selbst wenn sie säumen sollte‘, wenn doch Gottes Gericht ‚für die bestimmte Zeit‘ vorgesehen ist und ‚sich nicht verspäten‘ wird? Damit sollte offensichtlich gezeigt werden, dass einige Glieder des Volkes Gottes das Gericht früher erwarten würden, als es tatsächlich käme. Warum? Weil ihnen die genaue Zeit seines Kommens unbekannt wäre.“
Es war also schlicht die Erfüllung einer Prophezeiung, dass Einige das Gericht zu früh erwartet hatten.
Aber inzwischen ist viel Zeit vergangen und nachdem auch die Vorhersage, dass das Verkündigungswerk noch im vorigen Jahrtausend enden würde, nicht eingetroffen ist, wurde es sehr schwierig die Behauptung die Generation, die 1914 erlebt hatte, würde auch Harmagedon überleben, aufrecht zu erhalten.
Wieder bemühte man sich um eine auch für „gebildete“ Zeugen plausible Erklärung. Nun  sollten angeblich solche Harmagedon überleben, die noch jemanden persönlich gekannt haben, der 1914 erlebt hat. Das gab einen Spielraum von einigen Jahrzehnten. Aber das Wichtigste war dabei die sogenannte „Dringlichkeit“ nicht aus den Augen zu verlieren.
Hier ist nun dem Sklaven wieder ein genialer Klimmzug gelungen:
Wachturm vom 15.März 2011
„Schauen wir uns einmal an, was Jesus über den Abschluss des Systems der Dinge sagte.
Markus berichtet davon, dass Jesus in seiner Prophezeiung über die letzten Tage wiederholt zur Wachsamkeit aufrief (Mar. 13:33-37).
Eine ähnliche Warnung finden wir mitten in der prophetischen Schilderung des großen…[…] Haggai und Sacharja motivierten die Juden zum Weiterbauen
 
 „… (Offb. 16:14-16). Warum diese wiederholten Warnungen? Solche Appelle sind speziell dann wichtig, wenn die Gefahr besteht, dass jemand das Gefühl der Dringlichkeit verliert, weil sich etwas scheinbar in die Länge zieht.
Jesus machte an einem Beispiel deutlich, dass wir in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen dürfen, während wir auf das Ende warten. Er sprach von einem Haus, in das eingebrochen wurde. Wie hätte der Hausbesitzer das verhindern können? Wenn er die ganze Nacht wach geblieben wäre. Jesus schließt mit dem Rat ab: „Erweist . . . euch als solche, die bereit sind, denn zu einer Stunde, da ihr es nicht denkt, kommt der Menschensohn“ (Mat. 24:43, 44).
Dieses Gleichnis zeigt uns, dass wir darauf eingestellt sein müssen, zu warten — sogar ziemlich lange.
Es sollte uns also nicht allzu sehr beunruhigen, dass die schlechte Welt von heute länger besteht, als vielleicht erwartet. Wir dürfen uns nicht mit der falschen Überlegung selbst betrügen Jehovas „Zeit ist nicht gekommen“.............“
(Hervorhebung durch mich)
Die paradoxe Aussage lässt sich nicht auflösen. Aber da dem „Sklaven“ blind vertraut wird, macht man sich auch diese Mühe nicht mehr. Er wird es schon wissen….
Formularbeginn


Die volle Wahrheit - die Reine Wahrheit - die lautere Wahrheit 6. September 2011 um 11:48

Dieses Zitat von Adenauer habe ich am Samstagabend während einer Talkrunde bei Phönix gehört.
Adenauer soll gesagt haben, nur die letztere sei frei von Täuschung. In der Gesprächsrunde untersuchten die Teilnehmer die Wirkung der gezielten Unwahrheit anhand der sieben größten Lügen der Geschichte.
 
Für mich war es äußerst aufschlussreich, dass der Lügenforscher Peter Stiegnitz das Merkmal der gezielten Unwahrheit oder Lüge nannte:
 
Die Verantwortung für die Unwahrheit wird abgeschoben – oder anderen in die Schuhe geschoben.
Am Beispiel der „konstantinischen Schenkung“, die Konstantin angeblich als Dank für die Wunderheilung von der Lepra ausgestellt hatte: Die katholische Kirche profitierte von dieser Urkunde indem sie große Ländereien in Italien für sich beanspruchte und die Vormachtstellung der Päpste begründete.
 
Nikolaus von Kus entdeckte schließlich, dass diese Urkunde von Pipin (ich zitiere aus dem Gedächtnis) um 750 nChr. geschrieben wurde weil die Kirche ihm bei der Beseitigung seines Bruders vom Thron geholfen hatte. In der Urkunde wird Konstantinopel erwähnt, das aber zum angegebenen Zeitpunkt 4. Jahrhundert in Wirklichkeit noch Byzanz hieß.
Inzwischen hat auch der Vatikan die Fälschung eingeräumt. Seine Besitzungen in Italien beschränken sich nun auf den Vatikan. Die Vormachtstellung des Klärus blieb erhalten.
 
Aber Rom sagt, es sei für die Fälschung nicht Verantwortlich die Urkunde wurde in Byzanz verfasst. Die Griechen sind dafür verantwortlich.
 
Die Lüge 1918
Nach der Niederlage der Deutschen im 1. Weltkrieg erfand General von Hindenburg die „Dolchstoßlegende“. Er sprach zusammen mit Ludendorf vom „Sieg-Frieden“.
Die Lüge ist: „Wir sind im Felde unbesiegt“. Man gab den Demokraten die Schuld und machte Erzberger zum Sündenbock, der 3 Jahre später ermordet wurde.
Die ständige Wiederholung der Legende, dass die Armee hinterrücks erdolcht wurde, überzeugte schließlich.
 
Die eigenen Offiziere übernahmen nie die Verantwortung für ihre Fehler und für die Niederlage.
 
Die Polen waren die Angreifer
Als Hitler seinen Generälen die Pläne zum Einmarsch in Polen erläuterte sagte er: „Die Glaubwürdigkeit ist gleichgültig, der Sieg zählt“.
Wen wundert‘s, dass seine Darstellungen dem Volk gegenüber nichts als Lügen waren. Doch die Verantwortung für das Unglück schob er stets auf andere Schuldige. Die Polen, die Juden …!
 
Bill Klinton hatte nie sexuelle Beziehungen zu Monika Levinsky. Das schrieb nur die unglaubwürdige Regenbogenpresse.
 
Walter Ulbricht behauptete: „Niemand hat die Absucht eine Mauer zu errichten“. Die Behauptung von der Einheit von Volk und Regime war eine Grundlüge.
 
Aber auch die Empörung der Westmächte war nur gespielt, denn Fullbright äußerte zum Beispiel: „Ich verstehe nicht warum die Ostdeutschen die Grenzen nicht schließen. Sie hätten das Recht dazu“.
 
Die Regierung Bush verbreitet die Behauptung von den Massenvernichtungswaffen, die Saddam Hussein angeblich in seinem Land gehortet hat. Er soll Uran aus Afrika gekauft haben und den Bau von Atomwaffen planen. Nichts davon wurde nach dem Sieg über Saddam und der Zerstörung in dem Land gefunden.
 
Die Verantwortung wird dem Geheimdienst zugeschoben und der Chef vom Geheimdienst ist das Bauernopfer.
 
Es war eine sehr Interessante Sendung für mich. Alles was gesagt wurde erinnert mich an die vielen gezielten Unwahrheiten, die ich in der Wachtturm-Literatur entdeckt habe.
 
Auch die Erfinder, Schreiber und Verbreiter dieser Unwahrheiten übernehmen keine Verantwortung dafür. Der Glaube an die Endzeitdaten wurde angeblich von einigen Wenigen übereifrigen verbreitet. Im 1. Weltkrieg gab es nur einzelne im Glauben weniger befestigte, die in den Krieg zogen und dann in die Luft geschossen haben. Die Haltung dem Hitlerregime gegenüber war die Gewissensentscheidung der einzelnen Zeugen und nicht der Gehorsam gegenüber der Lehre aus Brooklyn. Eine Bluttransfusion wird abgelehnt, weil es das Gewissen des Einzelnen so gebietet und nicht weil es die Voraussetzung dafür ist in dieser Gemeinschaft als angesehenes Mitglied weiter zu gelten.
 
Ich könnte hier noch eine lange Liste anführen, wie sich die Leitung aus der Verantwortung stiehlt indem sie Gott oder die Anhänger für alle Folgen ihrer „Belehrung“ verantwortlich macht.
 
Aber das mag als Beispiel genügen um zu zeigen, dass gezielte Unwahrheit oft verheerende Folgen für den Einzelnen oder auch für eine ganze Nation haben kann.
 
 
Gemeinschaftsentzug anstelle von Lohn  22. August 2011 um 06:49
Gestern hatten wir Besuch. Ein Ex-Zeuge Jehovas aus einer oberbayerischen Stadt in der wir vor einigen Jahrzehnten auch tätig waren.
 
Durch die Schwester einer Freundin aus unserer damaligen Versammlung kam er mit der Religion in Verbindung. Er verliebte sich, wurde 1959 in Augsburg getauft, heiratete und lebte mehr als 40 Jahre ein engagiertes Glaubensleben mit ihr zusammen.
 
Der Höhepunkt war ihr gemeinsamer Einsatz in Paraguay. Sie wurden von Freunden gebeten beim Bau eines Flussschiffes zu helfen, welches die Wachtturm-Gesellschaft entlang des Rio Paraná einsetzen wollte. Die Pioneer 2, war zu klein und zu marode geworden.
 
Unser neuer Freund erzählte uns, dass seine Frau zustimmte ihn zu begleiten, obwohl sie Herzprobleme hatte und die Hitze in dem südamerikanischen Land ein Risiko werden könnte.
 
Zunächst wurde auf dem riesigen Gelände des Bethels in Asunción eine Montagehalle gebaut in der die Arbeit geschützt von Sonne, Regen und Wind gemacht werden konnte.
 
Wir betrachteten gestern hunderte Fotos von allen Bauabschnitten. Unser Besucher flog dafür  jeweils für mehrere Monate nach Paraguay. Da er in Rente war, konnte er das einrichten. Den Flug bezahlte unser Gast aus eigenen Mitteln. Das Material für den Bau und Kost und Logis wurde von der Wachtturm Gesellschaft bezahlt. Die Ehefrau hat, während ihr Mann an dem Schiff die Schweißarbeiten erledigte und mit vielen genialen Einfällen zum Gelingen des Projektes beitrug, durch Näharbeiten zur Förderung des „Königreichswerkes“ beigetragen. Sie bekam eine Nähmaschine und konnte in ihrem klimatisierten Zimmer bleiben und die Gardinen für Königreichssäle und anderes nähen.
 
In der Werkshalle arbeiteten eine Handvoll freiwilliger Mitarbeiter mit primitivsten Mitteln. Sie hatten Konstruktionspläne von einer Werft zur Verfügung. An diese hielten sie sich ungefähr. Weil zum Beispiel keine Biegevorrichtung zur Verfügung stand, haben sie die Stahlplatten für den Schiffsrumpf mit Hilfe von Seilwinden gebogen. Unser Gast löste das Problem des Stapellaufs indem er mit Hilfe eines maßstabgetreuen Modells im Swimmingpool des Bethels demonstrierte, dass das Schiff nicht über die vorgesehene Schiene zu Wasser gelassen werden konnte. Es wäre untergetaucht.
Er konstruierte einen Transportwagen mit Flugzeugrädern und Eisenträgern und sie brachten die Pioneer 3 zum Hafen. Das Ereignis wurde auch im Fernsehen übertragen. Ein Kran hob den Bug samt Transportwagen soweit an, dass das Boot immer waagerecht war und so konnte es sicher auf das Wasser gesetzt werden. Das Ereignis war ein Volksfest für die Bevölkerung und es kamen Nachrichten, dass die Bewohner entlang des Flusses bereits gespannt die Besucher erwarteten.
 
Die Fotos von dem fertigen Flussschiff haben uns sehr beeindruckt. Es ist wirklich ein schmucker Kahn, mit Platz für 6 Personen. Es hat zwei Motoren mit je 200 PS Stärke und eine liebevoll und gediegen gestaltete Ausstattung.
 
Sehr betroffen hat uns das Foto von der Platte gemacht, zu der unser Besucher sagte: „Als ich das geschweißt habe ist meine Frau gestorben“. Sie hatte  einen Herzstillstand während sie an ihrer Nähmaschine saß. Ihr Mann fand sie nach Feierabend tot auf dem Fußboden ihres Zimmers.
 
Es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, wie nahe sich die Menschen während dieser gemeinsamen Zeit gekommen sind. Ein Ehepaar hat unseren Besucher sogar nach Deutschland begleitet und ihm beigestanden bis die Formalitäten und die Bestattung bewältigt waren.
 
Trotz der hohen finanziellen Belastung, flogen sie wieder zurück um die Arbeit zu Ende zu bringen.
Wir haben gestern einen sehr ungewöhnlichen, starken Mann kennen gelernt, der so unglaublich viel für diesen Wachtturm Konzern geleistet hat und er hat immer wieder betont, dass er es ausschließlich wegen seiner absoluten Überzeugung getan hat, dass es die Organisation ist, die von Gott gebraucht wurde und die als einzige die Wahrheit vertritt.
 
Zufällig fielen ihm eines Tages Ungereimtheiten in den historischen Angaben zu Geschichtsdaten auf. Er recherchierte und fand heraus, dass die Wachtturm Gesellschaft in ihrer Literatur unrichtige Daten zu historischen Ereignissen veröffentlicht. Er begann zu zweifeln. Er äußerte diese Zweifel einmal Besuchern gegenüber. Es dauerte nicht lange, dann wurde er von Ältesten darüber befragt.
 
Als er über diese Tatsachen und noch einigen Fragen, die ihm inzwischen in den Sinn gekommen sind offen sprach, wurde ihm nach kurzer Zeit erklärt, dass ihm als „Abtrünnigen“ die Gemeinschaft entzogen wurde.
 
Während ich nun diese Zeilen schreibe laufen mir ständig Schauer über den ganzen Körper. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie man sich fühlt, wenn plötzlich aus „besten Freunden“ eiskalten Gegner werden. Von einer Stunde zur anderen.
 
Er hat sich dann mal die Mühe gemacht und berechnet, was ihm ein Arbeitgeber für seine geleistete Arbeit an Lohn bezahlt hätte.
 
Allein für seine Arbeit kam er auf einen Betrag von mehr als  100 000,-- €
Niemand berechnet den geldwerten Vorteil, den der Wachtturm-Konzern durch die Arbeit der gesamten freiwilligen Helfer an diesem Projekt erwirtschaftet hat.
 
Unser Besucher bereut auch seinen Einsatz nicht, denn an die 5 Jahre seiner Mitarbeit für das Zweigbüro in Paraguay hat er auch schöne Erinnerungen. Vor allem an wunderbare gemeinsame Stunden mit Menschen, die zu außergewöhnlichen Leistungen bereit und fähig sind.
 
Aber zu erkennen wie menschenverachtend dieser Wachtturm Konzern mit solchen Menschen handelt, sobald sie ihre „Göttlichkeit“ zu hinterfragen wagen, macht sehr traurig, wehmütig, wütend und noch eine ganze Reihe von anderen Emotionen, die auszusprechen mir der Anstand verbietet.
 
Rafael Seligmann liest
Ich war gestern bei einer Lesung von Rafael Seligmann zu "Deutschland wird Dir gefallen" (wäre ja zu Zeugenzeiten undenkbar gewesen) Es war für mich eine sehr beeindruckende Erfahrung.
 
Aus einem seiner Bücher stammt der Satz: "man muss Freiheiten und Errungenschaften verteidigen, allen voran die Menschenwürde".
 
Er findet es unter der Menschenwürde immer noch den "Judenbonus" zu reklamieren indem man das Lied des armen, verfolgten Juden anstimmt.
 
Wie sehr hat mich das an die Mentalitat der Wachtturmklone erinnert. 'Wir armen ZJ wurden von Hitler und in der DDR verfolgt und jetzt redet man auch schlecht über uns blablabla'. Das dann ausgerechnet aus der Feder einer Gruppe die ihrerseits zum schlimmsten menschenverachtenden Verhalten aufruft...
 
So nehme ich an, dass ein Zitat aus dem Talmut durchaus allgemein gültig ist:
 
"Wer lange lebt auf dieser Erde, der wappne sich mit einem starken Herzen".
 
Seligmann ist der Ansicht, "Es hat keinen Sinn die Vergangenheit bewältigen zu wollen. Man muss sie kennen. Aber man muss die Gegenwart bewältigen.. Niemand wird der Rolle des moralischen Scharfrichters gerecht."
 
Darüber denke ich nun sehr intensiv nach.
 
21. Juli 2011 · 
Die Sache mit der offenen Hand
Das Netzwerk Frauengesundheit in Augsburg lud zu einer Benefizgala in den Rokokosaal im Schaetzlerpalais in Augsburg ein. Alle Mitwirkenden des Abends verzichteten auf eine Gage. Der Erlös soll Frauen mit Krebs zugutekommen.
Ich selbst bin zwar keine Betroffene, aber diese gute Sache wollte ich unterstützen. Mein Mann und ich waren gespannt auf die angekündigten Darbietungen.
Todo Mundo eröffnete das Programm mit  Beiträgen aus ihrer Weltmusik. Da sang Barbara Frühwald sehr einfühlsam und mitreißend von dem Mädchen Michaela oder den Lilien im Rosengarten und dem Regen der schließlich vorbei war. Bilder aus der Literatur. Musik die Hoffnung und Lebensfreude vermittelt und für diesen Abend eine sehr passende Einleitung war.
Wir hörten daraufhin Grußbotschaften durch die stellvertretende Landrätin Frau Anni Fries und zum Teil sehr bewegende Statements über die Situation der Frauen mit Brustkrebs.
Ich gebe zu, dass ich zu der Gruppe Frauen gehöre die die gesunde Selbstschutzeinstellung hat: Mir wird das schon nicht passieren. Aber was es wirklich für die bedeutet, denen es passiert ist, hat mich sehr betroffen gemacht.
Es ist ja nicht nur die Diagnose – Brustkrebs – der Supergau für eine Frau! Wie soll sie damit denn emotional umgehen? Angenommen sie lebt nicht in gesicherten Verhältnissen mit Oma und Opa für die Kinder und die nötige Haushaltshilfe und dem finanziellen Rückhalt, was dann? Oft sind Frauen betroffen, die alleinerziehend gerade so für sich und ihre Kinder sorgen können. Wie sollen sie nun den Lohnausfall von 20 % verkraften, der beim Bezug von Krankengeld Realität ist? Womit bezahlen sie die zusätzlichen Kosten für Zuzahlungen zum Klinikaufenthalt, Medikamenten, Therapien, Reha und die Fahrtkosten zu den einzelnen Arztterminen und die Zusatzmedikamente? Was ist wenn eine Autoreparatur fällig wird und alle Reserven sind aufgebraucht? Wie soll eine selbständige Frau weiter leben, wenn sie arbeitsunfähig ist und keine ausreichende Krankenversicherung hat oder von der Versicherung ausgesteuert wird?
Es ist sehr bedrückend an alle Unwägbarkeiten zu denken, die betroffene Frauen aus der Bahn werfen könnten.
Wie wohltuend waren dann die Berichte über die Hilfe, die das Netzwerk Frauengesundheit anbieten kann. Es sind oft nur relativ kleine Beträge, die wieder Lebensmut und eine neue Perspektive vermitteln. Wenn die Miete für einen weiteren Monat bezahlt werden kann oder die 12,-- Euro täglich als Zuzahlung zur Reha.
Was man fühlt, wie man damit umgeht und woher man Mut und Kraft gewinnt hat Andrea Handtke in ihrem Bildband veröffentlicht und uns sehr authentisch mit Zitaten aus Ihrem Leben fühlen lassen. Sowohl Hoffen, als auch Verzweiflung, Schönheit ebenso wie Unvollkommenheit gehören zu unserem Leben und wir können unserem inneren Begleiter vertrauen. Wir sollen uns lieben – niemanden mehr als uns.
Wie passend doch im Anschluss daran die Darbietung der jungen, talentierten Gruppe Soulnutz. Die drei Mädels sangen hingebungsvoll begleitet von ihren Harfen davon, dass alle Dinge sich wieder und wieder verändern.
Und von einem Kind, das Erwachsen wird weil es einfach nur so sein will wie Du.  
Ein sehr wesentlicher Aspekt bei der Therapie der Krebserkrankung ist wohl die Spiritualität. Schon Pfarrer Kneipp sagte: „Erst als ich Ordnung in die Seelen der Menschen brachte, konnte ich sie heilen.“  Frau Conradi machte Mut zu seiner eigenen Spiritualität zu finden. „Du bist ein Teil des Universums, wie die Bäume und die Sterne“ sagte sie. In diesem Zusammenhang ist es sehr hilfreich, sich Rituale zu suchen.
Ein wertvoller Ratgeber ist das Buch der Betroffenen Andrea Länger: „Das Lebenslust-Prinzip“.
Sie zeigte uns zusammen mit Frau Conradi die „Seelennüsse“.
Eine Rose von Jericho. Sie hat den Vorteil, dass sie Monate ohne Wasser als trockener Knäuel überstehen kann. Aber sobald man ihr wieder Wasser gibt kann man beobachten wie sich die Pflanze entfaltet und bereits nach wenigen Stunden ist sie wieder grün.  Ein Ritual könnte es sein, sich diese Pflanze zu visualisieren und in sich selbst hineinzuhorchen. In welchem Stadion befinde ich mich? Was fehlt mir gerade? Was könnte mich beleben? Es war ein sehr intensiver, meditativer Moment der von Susanne Neher mit ihrer Harfe begleitet wurde. Da ich dieses Instrument besonders liebe, habe ich auch diese Darbietung besonders genossen.
Den Abschluss des Programms bildete ein Kreistanz, der besonders eindringlich die Bedeutung der Gemeinsamkeit und Nähe demonstrierte.
Für mich war ein besonderes Highlight das Gespräch mit Andrea Handtke. Eine so mutige, positive und kraftvolle Frau. Zierlich und strahlend wie ich das nur bei wenigen Gesunden je erlebt habe. 
Eigentlich habe ich diese Veranstaltung besucht, weil ich die Sache unterstützen wollte. Aber der Abend hat mir das Prinzip der offenen Hand wieder eindrucksvoll bestätigt. Wer eine offene Hand hat um Not zu lindern und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten wird auf ungeahnte Weise selbst bereichert.
 

13. Juli 2011 · 
Hass über den Tod hinaus
Mein Schwager ist am Sonntag verstorben. Ich habe es von meiner katholischen Tante aus Mannheim erfahren. Trotzdem schickte ich meiner Schwester ein Kondolenzschreiben mit einem kleinen Zuschuß zu den Kosten der Beerdigung mit folgendem Inhalt:
Augsburg, den 11. Juli 2011
 „Leben muss man ein Leben lang lernen, und, darüber wirst Du Dich vielleicht am meisten wundern: Ein Leben lang muss man sterben lernen.“ Sagt der Philosoph Seneca d. Jüngere
 
Liebste ...., durch ... Tante habe ich von den schlimmen Monaten erfahren, die das Leben von Dir, M.... und A....abverlangt hat.
Es tut mir unendlich leid.
 
Ich bin Deine Schwester und habe tiefes Mitgefühl für Deinen Kummer. Auch wenn ich inzwischen die Lehren eines Sklaven nicht mehr glauben kann, bin ich weder mit dem Teufel im Bunde, noch hege ich Groll gegenüber denen, die für sich zu anderen Schlussfolgerungen kommen.
Gustave Flaubert sagt:
„Beim Abschied nehmen kommt ein Augenblick, in dem man die Trauer so stark vorausfühlt, dass der geliebte Mensch schon nicht mehr bei einem ist“.
Ich kann mir denken, dass Du diesen Satz irgendwie unterschreiben kannst.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Trost durch den Beistand Deiner Freunde und durch den Segen, dass Dein Sohn an Deiner Seite ist.
Liebste schwesterliche Grüße
 
Heute hat sie mich angerufen, sie wird es zurückschicken. Wir hätten ihnen so weh getan, dass sie denkt mein Schwager wünschte es nicht, dass von meiner Familie Blumen oder Grüße auf seinem Grab seien.
Durch ihren Neffen habe ich dann erfahren, dass es ihre größte Angst sei, dass jemand aus meiner Familie zur Beerdigung käme. Soweit zu den Taten, die lauter sprechen als Worte. Denn jeder, der nur ein Fünkchen Menschlichkeit besitzt würde das Bedürfnis nach Abschied und Trauer verstehen. Nicht so die lieben christlichen Zeugen Jehovas. Sie werden mit vielen salbungsvollen Worten bei der Beerdigungs-Ansprache im Königreichssaal sich selbst und ihre liebevolle Bruderschaft beweihräuchern.
Ich fragte meine Schwester, ob dies die klare Ansage ist, dass meine Familie nicht mehr meine Familie sei. Sie sagte ja. Ich hätte alles Recht der Welt meinen eigenen Weg zu gehen, aber ich hätte ihnen so weh getan, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen.
Sie merkt das Paradoxon nicht. Wenn ich das Recht auf einen eigenen Weg habe, dann kann ich ihr nicht damit weh tun, dass ich von diesem Recht Gebrauch mache. Das könnte ich doch nur, wenn ich Ihrer Weisung verpflichtet bin und sie in schändlicher Weise missachtet hätte.....
Aber es hat einfach keinen Zweck, da etwas ändern zu wollen. Es ist wie es ist.
 
 
11. Juli 2011 · 
Spenden macht glücklich
Heute bekam ich die Kopie einer "Erwachet" Ausgabe.
Das Erwachet vom September 2011 ist wieder so eine "liebevolle Speise" der Organisation. Sie gibt Rat darüber wie man weise mit Geld umgeht. Das Titelbild mit dem Kind, dass eine Münze in ein Glas mit Münzen wirft, sollte doch wohl etwas bestimmtes signalisieren? Die Zeitschrift beschreibt Opfer der schlimmsten Wirtschaftskrise unserer Zeit. Der "liebevolle und weise Rat" im Umgang mit Geld beinhaltet Tipps zum Geldsparen durch second hand Einkäufe und die Möglichkeit, den Kindern beizubringen wie sie sich ihr lunch Paket selbst machen können. Dann gibt es eine Rubrik "Guter Rat mal 7" in der last but not least darauf hingewiesen wird, dass es beglückender ist zu geben als zu empfangen und in der die liebevolle Mutter Organisation so sehr auf das Glück der Opfer der Wirtschaftskrise bedacht ist, dass sie die Möglichkeit zu schenken oder zu spenden nicht unerwähnt läßt.:
„Beglückender ist Geben als Empfangen“ (Apostelgeschichte 20:35). Niemand verkörperte diesen Gedanken besser als Jesus. „Für die vor ihm liegende Freude“ stellte er sein ganzes Leben in den Dienst der Menschen. Dafür wurde er mit unvergänglichem Leben im Himmel belohnt, zur Rechten des „glücklichen Gottes“, Jehova..."
Selbstverständlich ist das eine "freiwillige" Sache, dass man sich an Jesus ein Beispiel nehmen sollte... Spenden werden von der Wachtturm-Gesellschaft jederzeit gerne entgegen genommen.

24. Juni 2011 · 
Vergewaltigung natürlicher Gefühle
Vor geraumer Zeit beschrieb ich eine Episode im Wartezimmer meiner Ärztin. Ich saß damals längere Zeit einer Ex-ZJ-Freundin wortlos gegenüber und empfand das als unmenschlichen Druck.
Heute erfuhren wir bei einem Kondolenzbesuch, dass diese junge Frau eine verstorbene – ebenfalls sehr gute Ex-ZJ-Freundin – bis zu ihrem Tod liebevoll gepflegt und begleitet hat. Sie ist gelernte Krankenschwester.
Diese hingebungsvolle Tat der Nächstenliebe passt zu der sensiblen, jungen Mutter. Niemals wäre sie von sich aus auf die Idee gekommen, jemanden nicht mehr zu grüßen nur weil er nicht alles glauben kann was sie selbst glaubt. Dieses Grußverbot ist einfach nur widernatürlich und menschenverachtend. Eine Vergewaltigung aller natürlichen Gefühle.
Jedoch wird es in einem Schreiben der Zeugen Jehovas als „pastorales, der christlichen Liebe und Hoffnung verpflichtetes mitmenschliches Interesse“ beschrieben.
Für mich setzt diese Formulierung dem Zynismus nur noch die Krone auf. Denn eine Forderung, die  eine liebevolle, soziale Gemeinschaft einfach durch Dekret und Beschluss zerstört, auch noch auf solche Weise zu begründen, ist in meinen Augen der blanke Hohn.
Es tut mir so leid, dass die ehrlichen, gläubigen Zeugen Jehovas, durch diese Praxis in Verruf geraten. Sehr viele haben das wirklich nicht verdient. Aber sie haben auch nicht den Mut die Lehren genauer zu untersuchen.
Es ist wirklich ein Dilemma.
 
15. Juni 2011 · 
Warum braucht ein Sektenaussteiger eine Selbsthilfegruppe?
„Braucht man als Sektenaussteiger eine Selbsthilfegruppe“? wurde ich neulich sehr erstaunt gefragt. Zugegeben, für Katholiken, Protestanten und viele andere ist es kein Problem, den Austritt aus der Kirche zu erklären. Schließlich gibt es Glaubensfreiheit, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und überhaupt, wen geht das etwas an?
Im Falle von Psychogruppen und totalitären Kulten ist das aber ganz anders. Sie üben oft unerträglichen Druck durch Drohungen aus. Sie vermitteln Schuldgefühle und Gewissensnöte. Im schlimmsten Fall droht der totale Verlust aller bisherigen sozialen Kontakte. Familie und bisherige Freunde müssen sich vollständig distanzieren. Diese plötzliche Isolation von dem gewohnten Leben ist eine sehr traumatische Erfahrung mit schwerwiegenden und sehr oft langanhaltenden gesundheitlichen Folgen, wie Depression, Angstzustände, Verlust des Selbstwertgefühls und Schuldgefühle, Schlafstörungen, die Unfähigkeit neue Kontakte zu knüpfen oder wieder zu vertrauen denn man fühlt sich gerade von denen verraten, denen man bisher blind vertraute. Da bleibt ein Knacks noch sehr lange hängen. Die Erziehung in der Sekte erlebte man als Normalität. Sie führte zu einer erlernten Hilflosigkeit die nach dem Ausstieg oder Ausschluss oft in Desorientierung und dem totalen Absturz mündet.
Drogen, Alkohol, wechselnde Partner usw. sind häufig suizidale - „das nehm ich noch mit " - Verzweiflungstaten. Viele, die sehr jung gehen, oder denen die Gemeinschaft entzogen wird, glauben noch, dass Harmagedon kommt, wie sie es bei Jehovas Zeugen als Gottesgericht gelehrt bekamen. Doch sie sind oft in einem solchen inneren Konflikt, dass sie lieber die Vernichtung wählen als in der Zeugenhölle weiter auszuhalten. Sie versuchen also in dem festen Glauben, bald von Gott vernichtet zu werden, im Leben noch so viel wie möglich mitzunehmen.
Der Liebesentzug der Familie ist meiner Meinung nach eine der schlimmsten Strafen und die Angst davor der Hauptgrund für viele, lieber ein Doppelleben mit unvorstellbaren Seelenqualen und ständigen Ängsten vor Entdeckung in Kauf zu nehmen, als rigoros und konsequent auszusteigen.
Für die Psychotherapeuten ist es nicht leicht zu helfen, denn Patient und Therapeut sprechen tatsächlich zwei verschiedene Sprachen und für sie sind völlig unterschiedliche Weltbilder real. Wie sollte ein Therapeut der glücklicherweise nie unter die Zwänge einer Psychogruppe geraten ist verstehen:
Dass ein „treuer und verständiger Sklave“ in Wirklichkeit der absolute Herrscher ist, der Gehorsam, Unterwerfung und totale Hingabe an die Gruppeninteressen fordert und keinerlei Kritik duldet?
Dass sich ein Mensch dem unterwirft weil er ehrlich glaubt, dieser „Sklave“ handelt mit göttlicher Autorität und sich dem zu widersetzen heißt Gott gegenüber illoyal zu sein?
Dass der „Rat“ dieses Sklaven in Wirklichkeit ein absoluter Befehl ist und seine Anweisungen jeden Bereich des Lebens einbeziehen. Zeitplan, Essen, Trinken, Kleidung, Musik und Unterhaltung, Freundschaft und privaten Umgang, Freizeitgestaltung und berufliche Tätigkeiten, sexuelle Praktiken selbst in der ehelichen Beziehung, medizinische Behandlung ebenso wie die Vorgaben was und wie etwas zu glauben und zu verstehen ist. Für alles gibt es ein aus der Bibel willkürlich entnommenes Zitat mit dem die göttliche Gültigkeit „bewiesen“ wird.
Dass „ein gut geschultes Gewissen“ erwerben, nichts anderes ist als die Indoktrination mit dem Diktat des „Sklaven“.
Dass die reine Sprache“ erlernen durchaus mit Orwells „Neusprech“ zu vergleichen ist und Zweifel oder Skepsis mit „Gedankenverbrechen“.
Dass die „neue Persönlichkeit anziehen“ bedeutet, dass man sich selbst verleugnet und ein krankes, von der Gruppe diktiertes Weltbild zu glauben und zu leben hat.
Dass die Bedrohung mit dem Gemeinschaftsentzug bei unbotmäßigem Verhalten für den Gläubigen das Ausgeliefert sein dem Satan und den Dämonen und damit der Vernichtung preisgegeben bedeutet, sowie dem totalen Verlust aller sozialen Kontakte einschließlich der Familie und dass die Angst vor diesen Folgen nicht wenige in Depression, Verzweiflung und leider auch in den Tod treibt?
Dass es durchaus ernst gemeint ist, wenn eine Mutter sagt, es wäre mir lieber du wärst wirklich tot als „ausgeschlossen“. Sie sieht im Tod die Hoffnung auf eine Auferstehung und ein Wiedersehen im Paradies, wohingegen der Gemeinschaftsentzug nach ihrem Glauben die ewige Vernichtung zusammen mit Satan und den Dämonen im Feuersee bedeutet. Wer das selbst über Jahre und Jahrzehnte glaubte, kann diese Sicht der Dinge nicht einfach abschütteln, wie man ein lästiges Insekt abschüttelt.
Die Erkenntnis, dass ein Weltbild, das nur innerhalb der Gruppengrenzen real existiert, nicht mit der Welt außerhalb  zu vergleichen ist, wird nur sehr langsam zu vermitteln sein.
Dafür braucht man die Hilfe anderer.
Genau diese Hilfe zum Verstehen und hinter sich lassen können, bietet die
Selbsthilfegruppe für die anonymen Sektenaussteiger.

1. Juni 2011 · 
Ich kanns nicht fassen
Am 22. April schrieb ich in mein Tagebuch bei www.k-kohout.de eine kleine Episode wie Karl einen früheren Freund fragt wie es ihm und der Familie geht. Er lehnte ein Gespräch kategorisch ab.
Nun sind wir zutiefst betroffen. Bei einem Abendspaziergang durch den Friedhof komme ich zufällig an einem frischen Grab vorbei und bin über den Namen erschrocken. Ich kann es nicht fassen, dass der 16-jährige Sohn besagten ehemals sehr guten Freundes offenbar wenige Tage vor der geschilderten Episode verstorben ist. Ich bin nur fassungslos und weiss nicht was mich trauriger macht. Die Tatsache, dass man in einer solch unvorstellbar traurigen Situation einen Freund und Vater  nicht trösten darf oder dass man eine solche Forderung mit Glauben oder Liebe oder Loyalität Gott gegenüber in Verbindung bringen kann.
 
22. Mai 2011 · 
Stressbewältigung - geht das?
Diese zweifelnde Frage stand uns wohl allen ins Gesicht geschrieben. Uns - einer Gruppe Männer und Frauen Selbsthilfeaktiver, die sich im Kurpark in Bad Wörishofen zu der Vorstellungsrunde zusammenfanden. Jeder von uns hatte eine sehr persönliche Stresserfahrung in seiner Lebensbiografie und reagierte individuell auf diesen Druck. Einige mit Kopf- und Rückenschmerzen, andere mit Schlafstörungen oder dem Gefühl andauernd von etwas gejagt und vorangetrieben zu werden und noch weiteren Problemen.
Es war schnell klar, dass es weder ein einheitliches Stress verhalten gab noch ein für alle gültiges Patentrezept.
Doch das war der Moment in dem unsere Referentin, Frau Johanna Wegmann begann aus ihrer Trickkiste ein Füllhorn von Möglichkeiten auszupacken und uns zu zeigen, dass wir mit allen Sinnen wahrnehmen und reagieren und damit auf unseren Körper  Einfluss nehmen können.
Die Übungen mit dem Ball machten den Anfang des Reigens. Balance, Beweglichkeit und Geschicklichkeit zu trainieren entspannt und wer dabei das Lächeln nicht vergisst tut etwas für seine gute Laune.
Lyrik ist entspannend und vermittelt interessante Erkenntnisse, was Johanna mit immer wieder eingestreuten Beispielen dokumentierte. Zum Beispiel über die Erde, über die man barfuß gehen sollte um sie zu spüren. Das Gedicht von Martin Auer las sie vor, während wir barfuß durch das taufrische Gras liefen und uns die Sohlen streicheln und kühlen ließen. Den „Getriebenen“, die das Gefühl hatten nie genug zu schaffen gab sie die Geschichte mit „dem Sprung in der Schüssel“ mit auf den Weg. Diese Schüssel fühlte sich schlecht weil sie auf dem Weg von der Wasserstelle zum Haus der chinesischen Frau stets die Hälfte ihres Inhaltes verlor. Nie brachte sie die volle Menge mit nach Hause. Als sie ihrer Besitzerin das Leid klagte und ihr gestand, wie unglücklich sie darüber sei, zeigte ihr die Frau den Weg, den sie die vergangenen zwei Jahre mit ihr und der heilen Schüssel gegangen ist. Sie sagte: „Ist dir aufgefallen, dass auf deiner Seite des Weges Blumen blühen aber auf der Seite der anderen Schüssel nicht? … Du gießt sie jeden Tag, wenn wir nach Hause laufen. … Wenn Du nicht genauso wärst, wie du bist, würde diese Schönheit nicht existieren…“
Und die Moral von der Geschichte: „Jeder von uns hat seine ganz eigenen Macken und Fehler, aber es sind die Macken und Sprünge, die unser Leben so interessant und lohnenswert machen.
Eine besonders eindrucksvolle Lektion bekamen wir aus der Trickkiste über die Wirkung von Düften verpasst. Das war doch höchst erstaunlich. Nacheinander machten wir einige tiefe Atemzüge an einem Duft Öl  und wir reagierten unwillkürlich aber sehr verschieden darauf. Die einen sagten ganz verzückt: Ahhh Teebaumöl, wogegen andere sich bei diesem Duft abwehrend schüttelten. Jeder Duft, den uns Johanna präsentierte, löste diese unterschiedliche Reaktion aus, ob Zedernholz, Zitrusfrucht, egal. Am Ende fanden alle ihren ganz speziellen Wohlfühlduft und konnten eine deutliche Wirkung bestätigen.
Was soll ich erzählen von der Exkursion in den Kräutergarten? Auch über die Wirkung der Kräuter als Heilpflanzen wusste Johanna wie eine sprudelnde Quelle zu berichten von Johanniskraut, Baldrian, Schachtelhalm und Beinwell, Petersilie, Maggikraut und Spitzwegerich. Sogar die seltene Bach-Nelkenwurz hat sie entdeckt und über ihre Verwendung zu berichten gewusst. Auch hier fehlte eine lyrische Untermalung nicht mit einem Gedicht des allseits beliebten Eugen Roth von den Kräutern aus der heiteren Kneipp Fibel.
Natürlich durfte auch ein Besuch der Kneippanlage nicht fehlen. Wie wohltuend und entspannend ein Armbad  oder eine Runde im Tretbecken sein kann, durften wir natürlich ausprobieren.
Das Gedicht „Mein Doktor Wald“ brachte uns einen weiteren Tipp, wie wir Stress mit einem schönen Waldspaziergang abbauen könnten, der bei Kopfschmerzen und Neurosen hilft. Man kann ihn als Psychiater, Orthopäden und Internisten konsultieren und auch wenn uns ein Kater plagt sei es aus Kummer oder vom Cognac. Er bringt uns immer auf die Beine und in das seelische Gleichgewicht, doch Hausbesuche macht er nicht.
Das war nur ein kleiner Teil von den vielen wertvollen Hinweisen die uns Johanna mit auf den Weg gegeben hat. Sie waren so vielfältig wie die Menschen vielfältig und individuell sind. Bestimmt werden sich einige für die Verwendung von Affirmationen durch Mudras entscheiden. Anderen gefällt Chi Gong besser während wieder andere die Übung schwer wie Stein und leicht wie eine Feder in ihren Alltag einbauen oder durch die Entspannung der Augen die Spannung ihres Körpers lösen.
Ich bedanke mich bei Johanna Wegmann für ihr ganz toll gemachtes Seminar.
Ich danke der Stadt Augsburg, dass sie mich zu diesem von der Max-Gutmann-Stiftung finanzierten Seminar eingeladen hat. Es hat mir sehr genützt, denn ich kann die Anregung in meinem Alltag verwenden.

15. Mai 2011 · 
Was passiert wenn ich denke?
Auszug aus einem Vortrag von
Herrn Prof. Markowitsch vom Evangelischen Bildungswerk Stuttgart im SWR am 15.5.2011
 
Herr Prof. Markowitsch hat mir heute einige meiner Fragen nach dem Warum beantwortet. Warum wurde ich scheinbar willenlos durch die Schulung der Zeugen Jehovas? Warum haben selbst gebildete Erwachsene ihre Kritikfähigkeit verloren und beugen sich widerspruchslos den Forderungen einer – bei Licht betrachtet – skurrilen Gemeinschaft die sich Religion nennt?
Die Wissenschaft, die auf solche Fragen Antworten geben kann nennt sich Epigenetik.
Sie hat herausgefunden, dass die Umwelt Einfluss auf die Entwicklung unserer Gene hat. Welche Gene aktiviert werden hängt vom sozialen Umfeld ab. Was wir aufnehmen verändert uns. Das bezieht sich sowohl auf die Nahrung als auch auf die soziale Ebene, denn es wirkt auf unser Gehirn. Das Foto von zwei geklonten Mäusen, die mit unterschiedlicher Ernährung völlig verschieden wurden – eine war fett und hatte Diabetes, die andere normal und war gesund – hat diese These eindrucksvoll bestätigt.
Ein wichtiger Botenstoff, der in einem Hirnlappen gebildet wird ist das Bindungshormon Oxitocin.  Es steuert die Fähigkeit zu sozialen Kontakten. Bei der Vergleichsuntersuchung von Kindern aus Waisenhäusern in Rumänien mit Kindern, die in normalem familiären Umfeld aufwuchsen wurde dieses Hormon in deutlich geringeren Mengen nachgewiesen. Selbst nachdem diese Kinder drei Jahre in ihren Adoptionsfamilien gelebt haben, gab es noch ein signifikantes Defizit.
Nun verändern sich oft Menschen die durch traumatische Ereignisse ihr soziales Umfeld verlieren oder das natürliche Vertrauen zum bisherigen Umfeld, zum Beispiel bei Vergewaltigung oder Kriegstraumata, deutlich in ihrem Verhalten. Solche Ereignisse können psychisch bedingt auch körperliche Veränderungen zum Beispiel im Gehirn, also neurologisch verursachen. Es kann zu sehr starkem autosuggestivem Verhalten kommen in dem Vergangenes verdrängt oder vergessen wird. Körperliche Reaktionen können durch die Psyche ausgelöst werden. Prof. Markowitsch erwähnte hier die Therese Neumann von Konnersreuth. Personen werden unfähig zu arbeiten. Sie können sich nicht mehr an die Erfahrungen der Vergangenheit erinnern und verlieren die Fähigkeit ihre Persönlichkeit weiter zu entwickeln.
Daraus folgt der eindeutige Schluss, dass Umwelteinflüsse Rückwirkung auf unser Leben, Denken und Handeln haben. Unser Selbst und unser Denken sind veränderbar und sehr fragil. Daher auch manipulierbar.
Ich wundere mich nun nicht mehr, dass man tatsächlich unter bestimmten Umständen Menschen durch permanente Wiederholung von Versprechungen, Endzeitdrohungen, Gefahrenszenarien vonseiten Satans und der Dämonen in ein Denkschema manipulieren kann, dass sich abhängig macht von der Führung der sie vertrauen, weil auch hier durch permanente Wiederholung die Botschaft im Bewusstsein eingraviert wurde, sie stünde unter göttlicher Leitung.
 

3. April 2011 · 
Die Macht der Bedürfnisse
Ich habe gerade einen sehr interessanten Vortrag in der Tele-Akademie von SWR gehört.
Prof. Dr. Marianne Gronemeyer sprach über
„Die Macht der Bedürfnisse“.
Einem Gedanken kann ich nur zustimmen: „Menschen begehren nicht nur Dinge, die ihnen nützlich sind, sondern auch solche, die ihnen offensichtlich schaden“.
Dafür nennt sie das Motiv Neid. Man begehrt Dinge, die auch andere begehren.
Zum Beispiel hat Geld in sich selbst keinerlei Wert. Es ist aber grenzenlos tausch bar. Somit wird alles austauschbar, was mit Geld „einzutauschen“ ist.
Wenn etwas knapp ist, wird es wertvoll. Wer sich das „Wertvolle“ leisten kann wird beneidet. Der Neid verleiht dem Beneideten den Schein der Begehrtheit.
Somit komm diese Automation zu Stande:
Man kauft was man nicht braucht, vom Geld das man nicht hat um dem zu imponieren, den man nicht mag.
Neid macht uns zu Konkurrenten und Konkurrenz belebt das Geschäft.
Ganz anders dagegen ist die tätige Beziehung.
Der Schaffende verändert sich und seine Welt. Er bändigt sie durch die Überwindung von Widerständen. Sie nannte das Beispiel eines Steinmetzes, der aus einem unbehauenen Stein eine Skulptur schafft.
Diese Beziehung ist nicht beliebig. Sie ist nie austauschbar.
Der Tätige kann sich im Ansehen seiner Werke spiegeln. Es ergibt eine wechselseitige Veränderung durch Erfahrung von Erfolg oder Misserfolg durch die Vollendung seiner Kreation oder ihres Scheiterns. Nichts davon ist austauschbar. Es ist eine bleibende Veränderung.
Das funktioniert nicht im industriellen Fertigungsprozess. Die genormten Module dieses Schaffens sind beliebig. Sie erfordern zur Herstellung leblose Menschen.
Wenn uns die Möglichkeit der individuellen Tätigkeit, des Schaffens genommen wird, werden wir des Menschseins beraubt.
Ich habe Frau Professor Grönemeyer mit dem größten Interesse gelauscht und kann ihre Erklärungen eins zu eins auf meine Erfahrung mit dem genormten Leben eines willenlosen, gehorsamen Kultmitgliedes übertragen. Die Beziehungen innerhalb dieses Zirkels sind beliebig austauschbar. Die Veränderung wird nur einseitig verordnet. Das Ergebnis ist leblos und statisch - ähnlich dem des industriellen Fertigungsprozesses.
 
 
Was würde Dein Vater dazu sagen?
13. Februar 2011 um 17:13
Ein Weggefährte aus früheren Tagen – Georg  – schrieb in mein Gästebuch:
 
„Ich finde es sehr schade, wenn man im Herbst des Lebens seine Lebensziele und -werte über den Haufen wirft. Was würde dein Vater dazu sagen?“
 
Da ich den Eintrag aufgrund eines technischen Problems zurzeit nicht freischalten kann, will ich ihm hier antworten:
 
Lieber Georg, das rechne ich Dir sehr hoch an, dass Du Dir darüber Gedanken machst. Ich weiß Du meinst das wirklich ehrlich, denn Du kennst mich und meine Familie sehr gut und es ist Dir bewusst, dass wir nie einen Zweifel an unserem Glauben hatten.
 
Bitte glaube mir auch ich habe mir genau diese Frage gestellt:
 
Ich weiß ja, wie es dazu kam, dass wir Zeugen Jehovas wurden. Das Argument, dass Jehovas Zeugen Kriegsdienstverweigerer waren, beeindruckte meinen Vater sehr. Wir haben mit keinem Gedanken daran gedacht, etwas zu hinterfragen oder zu überprüfen nachdem es den Zeugen erst einmal gelungen war, unser Vertrauen zu gewinnen.
Wie hätte mein Vater sonst wohl reagiert, wenn er einen Wachtturm aus den 1890er Jahren in die Hand bekommen hätte? Er wurde als „Verkünder der Gegenwart Christi“ veröffentlicht. Damals glaubte man, Christus wäre seit 1874 gegenwärtig und die  Zeit des Endes dieser Welt sollte bis 1915 dauern. Unmittelbar danach würde Christus sein Reich aufrichten indem er seinen irdischen Thron in Jerusalem besteigt und das Paradies auf Erden bringt.
Hätte er sich nicht gefragt ab wann diese Lehre geändert und das Kommen Christi im Nachhinein auf 1914 verlegt wurde? Wäre er nicht stutzig geworden bei der Feststellung, dass etwas Jahrzehnte für Wahrheit verkündet und erst dann rückwirkend berichtigt wurde? Wir dachten selbstverständlich die Lehre von dem Kommen Christi 1914 sei von Anfang an durch den Geist Gottes, den Zeugen Jehovas geoffenbart worden und diese hätten sich nie an den Kriegen beteiligt. Dieser Eindruck wird in den Schriften immer wieder erweckt. Obwohl die Kriegsdienstverweigerung aus Gründen der Neutralität erst nach dem Ende des 1. Weltkrieges, mit der Änderung der Lehre von den obrigkeitlichen Gewalten gültige Glaubenslehre wurde.
Doch wie hätte mein Vater wohl reagiert wenn er Wachttürme aus dem Jahre 1915 gelesen hätte? Zum Beispiel die ausführliche Erklärung im Februar 1915 von Pastor Russel, dass es eine christliche Verpflichtung sei dem Kaiser in seinem Kampf um Jerusalem zu folgen, damit es von den Türken befreit würde, denn Christus würde in Jerusalem sein Königreich aufrichten. Wie hätte er reagiert, wenn er die Feldpostbriefe aus Frankreich, Galizien und Russland gelesen hätte, sowie die Grüße und Erfahrungsberichte aus dem Feld und die Todesanzeigen der Gefallenen, in den verschiedenen Wachtturmausgaben jener Zeit? Hätten wir Jahrzehnte lang in aller Aufrichtigkeit behauptet: „Jehovas Zeugen als Religionsorganisation haben sich nie an den Kriegen beteiligt, außer einigen wenigen, die glaubensschwach waren?“ Wohl kaum.
Meine Eltern hatten keine Möglichkeit, die früheren Schriften der Wachtturm Gesellschaft zu lesen. Darum konnten sie nicht wissen, dass alles was bis dahin als Erwartung propagiert wurde, nicht eintraf. Jesus hatte 1914 nicht seinen irdischen Thron in Jerusalem bestiegen. Jesus hatte nicht alle anderen Königreiche zermalmt und hatte noch kein irdisches Paradies wieder hergestellt, wie es in den Wachtturmschriften als göttliche Offenbarung  als gesicherte Erwartung verkündet wurde. Auch die 1922 geänderte Erwartung, dass zunächst die „treuen Überwinder der alten Zeit wie Abraham oder David“ auferstehen, war eine falsche Prophetie. Keiner der längst verstorbenen ist  1925 auferstanden und hat seine Wohnung in der Villa Beth Sarim bezogen, die angeblich für sie gebaut wurde und bis zu ihrer Ankunft von Richter Rutherford „verwaltet“ wurde.
Kaum eine der Lehren Pastor Russel ist unverändert beibehalten worden. Die Berechnung der Wiederkunft Christi anhand der Pyramiden-Abmessungen hat sich als Fehler herausgestellt. Die zurzeit gültige Berechnung des Jahres 1914 anhand der Zerstörung Jerusalems im Jahre 607 vor unserer Zeitrechnung kann so nicht aufrecht erhalten werden. Denn es gibt einfach zu viele Archäologische Ausgrabungen, die dieses Datum nicht bestätigen. Die Erklärungen in den Schriftstudien, dass zum Beispiel die Eisenbahn die prophezeiten „feurigen Pferde“ seien, und die roten Uniformen der Lokomotivführer oder die roten Laternen Erfüllungen biblischer Prophezeiungen aus der Offenbarung und anderer Propheten sind aus heutiger Sicht einfach nur lächerlich. Nicht eine dieser abenteuerlichen Schriftauslegungen hat sich als Zeichen der Zeit des Endes erwiesen.
Wir suchten und fanden damals Halt in den Anleitungen die uns durch die neuen Schriften vermittelt wurden. Es war alles scheinbar plausibel und mit der Bibel in Übereinstimmung. Wir waren glücklich in der Überzeugung, die Wahrheit gefunden zu haben. Sie gab uns neue Lebensperspektiven nach der Entwurzelung. Das Gefühl etwas erkannt zu haben was anderen verschlossen blieb erfüllte uns mit Stolz. Von Gott auserwählt oder begnadet zu sein ist für arme Flüchtlinge schon etwas sehr besonderes.
Aber wir haben nicht nach den Beweisen für die Behauptung gefragt, dass Christus diesen ‚Knecht also tuend gefunden‘ hat. Sonst wäre es meinem Vater bestimmt aufgefallen, dass die damaligen Bibelforscher noch in allen Punkten genau so handelten, wie die übrigen Religionen auch. Sie haben eine falsche Erwartung für die Wiederkunft Christi gehabt, sie waren politisch nicht neutral sondern beteiligten sich an dem Krieg. Sie benutzten das Kreuz mit der Krone im Lorbeerkranz als Symbol auf ihrem Wachtturm. Sie feierten Weihnachten und Geburtstag. Wo sollte Christus da ein Motiv gehabt haben, sie als seinen treuen Sklaven über die ganze Habe zu setzen? Wenn man dann noch den biblischen Maßstab von 5. Mose 18:22 anlegt, dass der Prophet, der im Namen Gottes redet und seine Vorhersagen treffen nicht ein, nicht von Gott gesandt ist, muss man einfach Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Behauptungen haben.
Oder ist Dir ein Zeichen der Geistsalbung im Zusammenhang mit der Leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas bekannt, wie Gott es sonst immer seinen Dienern gegeben hat? Eine Taube vom Himmel bei der Taufe Jesu im Jordan, feurige Zungen zu Pfingsten, drei Tage Blindheit bei Paulus, der brennende Dornbusch waren unübersehbare Zeichen. Dass dieser Geist auch wirksam war, konnte man dann an den Wundern erkennen, die die Gesalbten vollbringen konnten. Tote auferwecken, Kranke heilen, in fremden Sprachen Sprechen usw., Du kennst alle diese Berichte aus der Bibel ja zur Genüge. Aber Paulus sagt, diese Wunder sollten aufhören. Damit hat er aber bestimmt nicht gemeint, dass sich später irgendjemand einfach so, selbst zum Gesalbten treuen und verständigen Sklaven ernennen könnte und wer das nicht anerkennen will, darf dann von diesem Selbsternannten diskriminiert werden, mit dem sozialen Tod bestraft werden und öffentlich als Teufelsanbeter diffamiert werden.
Glaube mir, lieber Georg, als ich alle diese Dinge reiflich überlegt habe, war ich überzeugt, dass sich mein Vater mit Abscheu von einem solchen Sklaven abgewandt hätte. Er hätte es nicht mehr länger zugelassen, dass sich eine Gruppe von Menschen zwischen Christus und ihn drängt um ihm Glaubensvorschriften und Regeln zu geben, die nur Menschenwerk sind.
 
21. Oktober 2010 · 
Jehovas Zeugen und ihre Ängste
1.      Die Grundangst
Warum sagen viele ehemalige Zeugen Jehovas, dass ihr Leben von Ängsten belastet wurde?
Wer schürte diese Ängste?
Wovor hatten sie Angst?
Der Dreh- und Angelpunkt des Glaubens der Zeugen Jehovas ist ihre Überzeugung, dass es einen „treuen und verständigen Sklaven“ gibt, der vom Geist Gottes geleitet wird. Die Vertreter dieses Sklaven sind die Glieder der „Leitenden Körperschaft“ in Brooklyn N.Y. Nur sie sind berechtigt den Glauben und die Bibel zu erklären. Ihren Weisungen nicht zu folgen, bedeutet „die Sünde wider den heiligen Geist“ die nicht vergeben werden kann.
Hierin begründet sich die Grundangst.
Ich darf nichts tun, was gegen den Heiligen Geist gerichtet ist, denn dann wird mir nicht vergeben.
In einem Wachtturm-Artikel aus dem Jahre 1981 werden unter 77 Punkten an die einhundert Textstellen aus der Bibel zitiert, die alle angeblich auf diesen Sklaven prophetisch verweisen. Wer durch eine intensive Schulung dazu gebracht wurde, alles was im Wachtturm steht als die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu betrachten, ist von der Fülle der „Bibelbeweise“ erschlagen.
Falls er zweifeln sollten, nimmt er sich den „Rat“ sehr zu Herzen wie er zum Beispiel im
Wachtturm vom 15. 11. 1982 S. 29 Abs. 20 Beachte die‘warnenden Beispiele’
 Gegeben wird:  
„und Personen, die die von Gott verliehene Autorität mißachten, entschieden widerstehen! Doch wenn wir aufgrund des bisher besprochenen Rates aus dem Judasbrief erkannt haben, daß an unserer Einstellung oder unserer Handlungsweise etwas nicht in Ordnung ist, sollten wir dies schleunigst berichtigen und gebetsvoll die Hilfe unseres himmlischen Vaters suchen.“
Oder:
 
Wachtturm vom 15. 11. 1982 S. 28 Abs. 15 Beachte die‘warnenden Beispiele’!
„Wenn wir daher die Neigung haben, die von Gott verliehene Autorität zu mißachten, sollten wir Jehova darum bitten, uns zu helfen, unseren Standpunkt zu berichtigen.
Oder:
 
Wachtturm vom 1. 2. 2002 S. 12 Was lehrt uns derBericht über Nikodemus?
“Bete zu Jehova, er möge dir helfen, einen solchen Glauben zu bekunden. Du wirst spüren, wie er dir hilft, und dich aus Liebe und Dankbarkeit gedrängt fühlen, ‘dich selbst zu verleugnen und Tag für Tag deinen Marterpfahl auf dich zu nehmen und Jesus Christus beständig zu folgen’. Wirst du handeln, ohne zu säumen?“
 
Die Grundangst besteht also darin, gegen Gott oder den Heiligen Geist eine unvergebbare Sünde zu begehen, wenn man an den Lehren aus Brooklyn zweifelt.
 
Ganz schlimm wird die Situation für Jene, die auch durch noch so intensives Gebet ihre Zweifel nicht besiegen können. Sie entwickeln Schuldgefühle, weil sie sich das selbst als Glaubensschwäche auslegen. Wenn es ihnen nicht gelingt den inneren Konflikt zu lösen bedeutet das permanenten seelischen Druck, der noch weit mehr Ängste auslöst. Darüber später mehr.
Weitere Infos: http://blogs.myspace.com/index.cfm?fuseaction=blog.create#ixzz11m5yaR4y

2. Harmagedon
Aus der Grundangst vor der Sünde gegen den Heiligen Geist geht die Angst vor Harmagedon hervor.
Dieses Wort steht für das Gottesgericht oder die „große Schlacht Gottes des Allmächtigen“. Wer in dieser Schlacht „vernichtet“ wird, hat nach dem Glauben der Zeugen Jehovas keine Aussicht auf eine Auferstehung und auch kein Recht auf ewiges Leben im Paradies auf Erden, denn er ist von Gott persönlich als Sünder mit dem ewigen Tod bestraft.
Die Angst vor Harmagedon wird instrumentalisiert um immer wieder zu eifrigem Predigen anzustacheln. In der Neuzeit ist dafür ein sehr gutes Beispiel die Endzeitprognose 1975.
Dieses Datum errechnete sich aus dem Glauben, dass im 20. Jahrhundert der 7000 Jahre dauernde Ruhetag Gottes enden und die tausendjährige Friedensherrschaft des Christus beginnen sollte. Als Beweis dafür konstruierte man eine Berechnungsformel nach der die Erde in 6 mal 7000 Jahren von Gott erschaffen wurde und danach eine Ruheperiode oder Sabbatzeit von 7000 Jahren begann. Der letzte Akt der Schöpfung war die Erschaffung Adams. Die wäre im Jahre 1975 genau 6000 Jahre zurückliegend. Der Beginn der letzten 1000 Jahre der Ruhezeit Gottes sollte von Christus genützt werden um die Erde wieder in ein Paradies zu verwandeln.
Dafür musste er wohl oder übel zuvor alles „Böse“ im Krieg von Harmagedon vernichten.
Jehovas Zeugen fühlen sich von Matthäus 24 Vers 14 „Diese gute Botschaft vom Königreich muss gepredigt werden, allen Nationen zu einem Zeugnis und dann wird das Ende kommen“, beauftragt, weltweit vor Harmagedon zu warnen. Je glaubwürdiger man ihnen vermittelt, dass das Ende nun unmittelbar bevor steht, desto eifriger sind sie bereit zu „predigen“ und die Wachtturm-Literatur zu verbreiten.
Am Beispiel 1975 kann man das sehr gut an den Erfolgszahlen ablesen:
In der Zeit von 1870 bis 1968 gab es weltweit insgesamt circa 1.156.000 Zeugen Jehovas. Von 1968 als zum ersten Mal die Endzeitprognose 1975 anlässlich der Kongresse vorgestellt wurde, bis zum Jahre 1975, stieg die Zahl um mehr als 1.000.000 auf rund 2.180.000 getaufte, aktive Zeugen.
In regelmäßigen Abständen wird seither immer und immer wieder in Veröffentlichungen der Wachtturm-Gesellschaft mit scheinbar vom heiligen Geist geleiteten Ausführungen der „Leitenden Körperschaft“ auf das nun noch dringlicher zu erwartende Ende verwiesen und zum „Schlusszeugnis“ aufgerufen.
Die Zeugen Jehovas, die im allgemeinen friedliebende, hilfsbereite und gutmütige Zeitgenossen sind, müssen dabei die Tatsache für sich komplett verdrängen, dass ihre vermeintlich „gute Botschaft“ in Wirklichkeit Horror hoch drei ist.
Ihre Aussage ist ja tatsächlich: ‚Wir sieben Millionen Zeugen Jehovas werden gerettet (das müssen sie fest und ehrlich glauben, wenn sie nicht vor Angst verzweifeln sollen) und sieben Milliarden Menschen werden in einem nicht vorstellbaren Blutbad von Gott vernichtet und es werden die Vögel des Himmels kommen und die Fleischteile der Getöteten fressen‘. Natürlich sieht ein Zeuge Jehovas seinen frustrierenden Einsatz im „Predigtdienst“ nur darum als gut und notwendig an, weil er Menschen vor dieser Katastrophe „retten“ will. Nie kommt er auf die Idee, dass er von einem Druckereikonzern unentgeltlich als „Werber“ gebraucht wird, der sogar noch die von ihm verbreitete Literatur durch seine eigenen freiwilligen Spenden finanziert.
Wie ich die Zeit um 1975 erlebt habe siehe „Mara im Kokon“ ab Seite 157

30. November 2010 · 
Jehovas Zeugen und ihre Ängste
3. Angst vor dem Versagen
Sind alle Menschen gefährdet?
Leiden alle Zeugen Jehovas unter Ängsten?
Grundsätzlich NEIN.
Da wir Menschen immer von unserem Umfeld geprägt und konditioniert werden, ist jeder individuell mehr oder weniger betroffen.
Wer bereits als Kind erlebte, dass nur Brav sein und Gehorsam Zuwendung brachte, Ungehorsam dagegen sofort mit Liebesentzug und Strafe geahndet wurde, wird sehr viel anfälliger sein für die Drohung, dass Jehova alles sieht und bestraft.
Wer als Kind die absolute Loyalität der Eltern verspürte, die auch mal eine Dummheit vergeben haben und mit Gelassenheit und Solidarität reagierten, wird sehr viel selbstbewusster mit den eigenen Fehlern und den Fehlern anderer umgehen können.
Die von der Angst betroffenen Gläubigen – vermutlich nicht nur bei den Zeugen Jehovas – bangen um ihre Errettung, wenn sie versagen sollten.
Unter Versagen verstehen Jehovas Zeugen unter Umständen, dass sie zu wenig Zeit für ihren Predigtdienst – wie sie das Missionieren von Haus zu Haus und auf den Straßen nennen –, sowie das persönliche Studium der Wachtturm-Schriften und den Besuch aller Zusammenkünfte, einsetzen. Viele bewerben sich für vermehrten Predigtdienst-Einsatz zum Beispiel als Hilfspioniere, obwohl sie physisch und psychisch dazu bei vernünftiger Einschätzung ihrer persönlichen Grenzen, nicht in der Lage sind. Trotz vorübergehender Erleichterung ihres schlechten Gewissens, verschlechtern sie ihre Gesundheit damit erheblich. Die Erklärung dafür suchen sie aber kaum jemals in den für sie zu hohen Anforderungen. Dafür findet man viele Ausreden, wie Sorgen, Stress im Beruf, das Wetter und vieles Andere.
Ein sehr großes Problem ist für viele das weite Feld der moralischen Anforderung, die man angeblich unter der Leitung des Geistes als Rat an die Gläubigen vermittelte und zu erfüllen hat um die „Versammlung rein zu erhalten“.
Das beginnt damit, dass niemand rauchen darf, Alkohol nur in Maßen genossen werden darf und natürlich niemand Drogen nehmen darf. Freunde, die keine Zeugen Jehovas sind, werden „Weltmenschen“ genannt. Man betrachtet sie als „schlechten Umgang“, weil „schlechte Gesellschaft  nützliche Gewohnheiten“ verdirbt und sie sollen gemieden werden. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass eine Beziehung zu nicht Zeugen grundsätzlich nicht erwünscht ist.
Alle Feste und Traditionen, deren Ursprung man auf Religion außerhalb der Wachtturm Religion zurückführen kann – wie Weihnachten, Geburtstage, Ostern, aber auch Fasching, Nikolaus, Halloween und Bräuche im Zusammenhang damit – sind zu vermeiden.
Diese Anforderung bedeutet für die Zeugen Jehovas entweder auf die Gemeinschaft mit der Familie und den Freunden zu verzichten die keine Zeugen Jehovas werden wollen und „Gehorsam“ zu sein, oder trotzdem zu feiern und damit das Gewissen zu belasten. Kaum jemand von den gläubigen Zeugen Jehovas wird das schaffen. Aber die Isolierung von allen Familientraditionen ist eine sehr große Belastung. Man muss den Verlustschmerz ständig verdrängen und sich mit den Versprechungen trösten, dass man ja ‚dadurch das Herz Jehovas erfreut, damit er dem der ihn schmäht – Satan dem Teufel – eine Antwort geben kann‘.
Vielleicht das schwierigste Feld sind die Ratschläge für die Sexualität. Selbstverständlich ist Sex außerhalb der Ehe tabu. Aber hier gibt es schon sehr enge Grenzen dafür was noch erlaubt ist und in welchen Fällen es bereits erforderlich ist, dass sich Älteste darum kümmern müssen, bis hin zur Verhandlung vor einem Rechtskomitee.
Selbst sexuelle Praktiken innerhalb der Ehe sind mit bestimmten Bewertungen belegt. So wird oraler und analer Verkehr mit Homosexualität verglichen und gilt als schwere Verfehlung. Sensible Ehepaare können unter Umständen nur gemeinsam Sex haben, wenn sie vorher gebetet haben und das Gefühl haben können „Jehova sieht sie“ und sie machen alles richtig.
Auszüge aus den entsprechenden Veröffentlichungen in den Wachtturm-Schriften siehe mein Buch:
Mara im Kokon, ein Leben unter Wachtturm-Regeln, erschienen im Engelsdorfer Verlag Leipzig
 
16. August 2010 · 
Wen interessiert das?
Wen interessiert das?
Wen interessiert wohl das Leben der Mara in ihrem Wachtturm-Kokon? Diese Frage hat mich seit Tagen beschäftigt.
Die erste Gruppe, die mir in den Sinn kam war natürlich die, der unmittelbar Betroffenen. Mir wurde bewusst, dass es keine zuverlässigen statistischen Daten gibt an denen man ihre Zahl ablesen könnte. Ich rechnete hoch. In einer Versammlung die ich kenne ist in den vergangenen zehn Jahren 10 %  die Gemeinschaft entzogen worden. Das ergibt allein für Deutschland circa 20 000 Personen, die von einer Stunde zur anderen das Trauma erlebten von allen Freunden, Verwandten und Bekannten gemieden zuwerden, die noch Zeugen Jehovas sind.
Die zweite Gruppe sind die mittelbar Betroffenen. Die Familienangehörigen, Arbeitskollegen und Bekannten, von denen die Zerstörung dieser sozialen Struktur unbarmherzig verlangt wird. Auch wenn es eine ganze Anzahl Zeugen Jehovas gibt, die menschlich handeln und nicht extrem, tun sie es trotzdem mit schlechtem Gewissen, mehr oder weniger heimlich durch die Hintertür. Sie sind sich stets bewusst, dass es auch für sie selbst Konsequenzen haben könnte. Viele halten das nicht auf die Dauer aus.
Die dritte Gruppe sind Angehörige und Freunde von Menschen, die von Jehovas Zeugen besucht werden. Viele wollen nicht, dass sie in den Bann der neuen Religion geraten. Sie benötigen dringend mehr Wissen über die Lehren und Regeln dieser Gemeinschaft.
Die vierte Gruppe, die es interessieren sollte ob das alles nach rechtsstaatlichen Regeln zugeht, sind die politisch Verantwortlichen. Sie könnten fragen ob die Grundrechte der Mitglieder respektiert werden. Was geschieht mit denen, die zweifelnde Fragen stellen? Können sie ihre Meinung frei äußern? Was passiert, wenn jemand sein Gewissen nicht genau nach den Wachtturm Regeln schulen lässt? Wie geht man mit Abweichlern um? Sind die Rechtsverfahren gemäß den Regeln der Verfassung? Wie viel volkswirtschaftlicher Schaden entsteht durch die Behandlung psychisch Kranker die religionsbedingte, gesundheitliche Störungen haben? Wie viel Schaden entsteht weil solche Menschen arbeitsunfähig werden und auf staatliche Hilfe angewiesen sind?
Hier ist die Dunkelziffer meiner Hochrechnung immens hoch. Ich komme da auf Zahlen im sechsstelligen Bereich.
Also fallen mir auch noch die Psychotherapeuten ein, die helfen sollen und oft keine Vorstellung haben, was der Gewissensdruck bei sensiblen Menschen anrichten kann.
Oder es könnten sich Pädagogen dafür interessieren welche Fragen im Unterricht für Weltanschauungskunde durch die Erfahrungen Maras zuverlässig beantwortet werden können.
Als ich an alle diese Menschen dachte, war ich zufrieden bei dem Gedanken, dass ich meinen Teil getan habe, um viele Fragen zu beantworten.
Für jeden dem es geholfen hat, hat es sich gelohnt.

10. Juli 2010 · 
Gewissensfreiheit
Zurzeit finden sie also wieder statt, die Bezirkskongresse der Zeugen Jehovas. Man wird sie vermutlich wieder beobachten können, die einheitlich gut gekleideten Menschen, mit Plaketten gekennzeichnet, wie sie zu den großen Stadien strömen. Vermutlich werden auch wieder Tageszeitungen in Frankfurt, Berlin, Leipzig, Dortmund, Stuttgart, Nürnberg und München über die friedliche Ordnung berichten. Sie werden darüber schreiben wie sauber die Stadien trotz der vielen Menschen zurückgelassen werden. Man wird vermutlich wieder darauf aufmerksam machen, dass ganze Familien gemeinsam bei brütender Hitze dem Programm lauschen und Texte in ihren Bibeln nachschlagen. Selbst Kinder bleiben brav an ihren Plätzen und sind aufmerksam. Nicht vergessen wird man, auf die öffentliche Taufe zu verweisen und man wird das Alter des jüngsten und ältesten Taufanwärters erwähnen. 

Für mich ist es wieder eine Zeit wehmütiger Rückschau. Alles das habe ich auch mitgemacht und nahm es als Beweis für die Einzigartigkeit der internationalen Bruderschaft. Denn diese Kongresse werden ja rund um den Globus mit den gleichen Anweisungen und Vorgaben durchgeführt. 

Jehovas Zeugen bemühen sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erklären, dass diese Einheitlichkeit nicht durch Ordensdruck und Regeln entsteht. 

Im Schreiben an das Bundesverfassungsgericht vom 28.1.1999 wird unter Anderem erklärt, es handele sich um ein Prinzip der „vorverlagerten Gewissensentscheidung“ die auf alle Lehren und die gesamte Glaubenspraxis anwendbar sei. Diese „vorverlagerte Gewissensentscheidung“ träfe jeder Zeuge Jehovas vor seiner Taufe bewusst und unbeeinflusst um sein weiteres Leben in Übereinstimmung mit den Lehren der Religionsgemeinschaft zu leben. 

Soweit so gut. 

Ich erinnere mich an die Taufe meiner Tochter. Sie war elf Jahre alt und wollte bestimmt für immer eine Zeugin Jehovas sein. Mit siebzehn wollte sie heiraten um der Gefahr des Gemeinschaftsentzugs wegen „Hurerei“ zu entgehen. Sie war verliebt und Zärtlichkeiten vor der Ehe gelten als Hurerei. Natürlich wurde die Ehe zum Desaster – trotz Ehrereifezeugnis vom Familienrichter. Nach der Scheidung wurde ihr trotzdem die Gemeinschaft entzogen. Sie stand nicht nur vor den Scherben eines Jugendtraumes, sondern war auch noch völlig allein und isoliert, denn die Glaubenslehre für die sie sich angeblich durch „vorverlagerte Gewissensentscheidung“ entschieden hatte, verlangte nun von allen noch Zeugen, sie zu ignorieren und zu meiden. 

Kann ein elfjähriges Kind die zukünftigen Folgen einer angeblichen „vorverlagerten Gewissensentscheidung“ absehen und ihre Tragweite verstehen? 

Angenommen wir wären katholisch. Nach meiner Kenntnis hätte man meiner Tochter als Geschiedener den Empfang der Sakramente verweigert. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Wohnungsinhaber, den diese Ordensregel sehr tief verletzte. Doch sind derartige Vorgaben als disziplinarische Maßnahmen innerhalb der Religionsgemeinschaften verfassungsrechtlich geschützt. 

Ich kann mich aber nicht erinnern jemals davon gehört zu haben, dass es Eltern, Geschwistern, Verwandten, Freunden oder sonst wie nahestehenden Personen verboten wurde mit Exkommunizierten oder ehemaligen Katholiken zu sprechen. 

Solche Vorschriften gab es wohl in der ehemaligen DDR. Nina Hagen erzählte neulich in einem Rundfunktalk, dass ihre Freundinnen nicht mehr mit ihr sprechen durften, weil sie mit Staatsfeinden (Rolf Biermann) Kontakt hatte. 

Gibt es eine logische Erklärung dafür, dass die Forderung, eine Glaubenslehre strikt und für alle Zeiten zu befolgen, als Respekt vor der freien Gewissensentscheidung bezeichnet werden kann? Unsere Verfassung schützt Meinungsfreiheit, Gewissensfreiheit, Glaubensfreiheit, usw.. Wie kann eine Gemeinschaft als „Körperschaft des öffentlichen Rechtes“ gelten, die offen, diese Freiheiten ignoriert. Die Andersdenkende diffamiert, die Ehemalige Mitglieder als Teufelsanhänger beschimpft und verunglimpft. Die öffentlich zu Ausgrenzung aufruft. Die in die Privatsphäre mit Regeln und Vorschriften eingreift und die Familien und sozialen Netzwerke dadurch zerstört? 

Auf welchen Paragraphen kann sich eine Körperschaft berufen um diese Regeln zum öffentlichen Recht zu erklären, wenn sie damit doch offensichtlich Grundrechte des Einzelnen durch die Aufforderung zu Intoleranz verletzt? 

Diese Fragen gehen mir durch den Sinn, wenn ich wehmütig zurückdenke und mir nicht verzeihen kann, dass ich alles das kritiklos unterstützt habe. Warum habe ich nicht viel früher den Mut gehabt zu Fragen? 

Der Preis, den ich bezahlt habe für meine Fragen, war sehr hoch. 
Doch die Freiheit, die ich gewonnen habe ist sehr kostbar und diesen Preis wert. 
Ich bin sehr dankbar, dass sie durch unsere Verfassung und durch die Charta der Menschenrechte geschützt ist. 

15. Februar 2010 · 
Brbara goes Internet
Nun bestreite ich meinen Lebensunterhalt schon eine geraume Zeit mit Rente. Den Computer habe ich aber schon im Büro benützt. Buchhaltung, Steuererklärung, Banküberweisung, Korrespondenz und vieles mehr gehörten zu meinen Aufgaben. Aber für das Internet fühlte ich mich entschieden zu alt. Damit fange ich nichts mehr an. Warum auch, bin ich doch 60 Jahre ohne ausgekommen und lebe immer noch. So habe ich jedenfalls ziemlich lange gedacht.
Dann erzählte meine Schwiegertochter immer wieder, dass ihr Mann im Internet schreibt. Mein Sohn wollte mir nicht verraten was. Er war da sehr listig und weil er mich gut kennt, hat er erreicht, was er wollte. 
Eines Tages habe ich beschlossen: ich gehe online. Wie soll ich das Herzklopfen beschreiben, das ich bis zum Hals spürte, als ich versuchte das richtige Modem zu wählen, noch ehe ich wusste, was ein Modem ist. Mit jeder Aktion, bei der ich irgendetwas anklicken sollte, zitterten mir nicht nur die Finger, sonder auch gleich die Knie. Trotzdem war ich total überrascht, als ich schließlich im Internet war. Ich hatte eine E-Mail Adresse! Welch ein Sieg über die Technik. 
Irgendwann habe ich verstanden dass download und upload nichts mit LKWs zu tun haben sondern mit Datentransfehr. Webside und Sozialnetwork, Forum und Plattform, Avatar und User, Suchmaschinen und Provider, was gab es da nicht alles an neuen Begriffen und Funktionen zu lernen. Mir brach so manches Mal der kalte Schweiß aus, wenn ich wieder mit ‚learning by doing‘ etwas ausprobiert habe. Nicht nur einmal war alles was ich an Text eingegeben hatte einfach wieder verschwunden. Oder ich wurde genervt mit der Mitteilung: Das Passwort ist zu kurz; das Passwort muss aus Zahlen und Buchstaben bestehen; das Passwort sollte Groß- und Kleinschreibung enthalten und so weiter. 
Genial war die Entdeckung der Funktion „kopieren und einfügen“. Endlich konnte ich das Risiko eines Tippfehlers bei der Eingabe von Internet- oder E-Mailadressen minimieren. 
Die nächste Herausforderung war, das Forum zu finden in dem mein Sohn seine Beiträge veröffentlichte. Also, ich kenne meinen Sohn auch. In dem Forum „Allgemein“ bei dem Thema: „Sachen die keinen interessieren, aber trotzdem gesagt werden müssen“ oder in der Gruppe: „Benutze dein Handy nicht besoffen, du bereust es Morgen“ brauchte ich nicht zu suchen. Aber Religion interessierte ihn und da wurde ich auch bald fündig. Ich kannte seinen Nicknamen nicht, aber seine Art zu sprechen. Es war gar nicht so schwer. 
Ich glaube ich konnte ihn durchs Telefon grinsen sehen, oder einfach nur spüren, wie er sich diebisch gefreut hat, dass er sein Ziel erreicht hatte. Dann hat er mir die Seite bei Myspace eingerichtet. Wieder so eine Zumutung. Ich sollte da auch schreiben? Unmöglich! Monatelang habe ich zwar immer wieder die Seite aufgerufen und mich umgesehen, aber schreiben, nein, das getraute ich mich nicht. Andererseits Mein Sohn hat mir Schritt für Schritt gemailt, was ich machen sollte. Es war doch ganz einfach. Seufz – ich konnte ihn doch nicht so enttäuschen. 
Zaghaft versuchte ich den ersten Blog. Wow! Ich hatte es tatsächlich geschafft. 
Ich bekam Freundschaftsangebote. Als ich von meiner Unsicherheit und Unerfahrenheit berichtete hat mir ein Freund eine Liste geschickt mit Erklärungen zu Textsmilies und Stimmungsfloskeln die man zwischen Sternchen setzt. 
Ich musste herzlich lachen über den Satz: „Das Sternchen findest Du auf der Tastatur rechts neben dem „Ü“, auf der Taste mit dem „+“. Du brauchst nur gleichzeitig auf die Hochstell (Großschreibe) Taste drücken und voila: *“
Von da an wusste ich, hier darf ich sein, hier kann ich bleiben. Ich habe eine neue Welt entdeckt. Eine besondere Art des Miteinander und Füreinander, Zuwendung, Ermutigung und Wärme von Menschen, die mir nicht verpflichtet sind und bereit sind selbstlos Gefühle zu investieren. 
Mit der Zeit wurde ich mutiger und habe mir auch andere Seiten angesehen. Bei Facebook fand ich die Einladung an einem Wettbewerb für „Drabbles“ teilzunehmen. Ja, dachte ich, das wäre ein Spaß. Ich machte mich sofort an die Arbeit. Drei Drabbles zu je genau einhundert Worten. Ich schrieb Episoden aus dem richtigen Leben.
Ich rief die Website auf und las die Wettbewerbsbedingungen. Ok, drei Geschichten in einem Buch präsentieren. 
„Sie können diese Funktion nicht nutzen, wenn sie nicht registriert sind. Jetzt registrieren“. Gut mache ich. Ich fülle das Formular aus und schicke es ab. „Der Username ist leider schon vergeben“.
Das Ganze also wieder von Vorne mit neuem Namen. „Das Passwort ist zu kurz“. Also nochmal von Vorne. Wieder bekomme ich zitternde Hände. Aber diesmal hat es geklappt. 
Also nochmal bei der Seite mit dem Wettbewerb melden. „Sie müssen eingeloggt sein, um die Funktion nutzen zu können“. Raus aus der Seite und zu login gehen. Dazugelernt: Registrieren und einloggen sind zweierlei.
Erneuter Versuch, sich für den Wettbewerb zu registrieren. „Erstellen sie das Buch“. Das geht relativ einfach, wenn man die Vorgegebenen Vorschläge übernimmt. 
Gehe zur Miniaturansicht. Oh, da ist ein Tippfehler in meinem Namen und die Überschriften sind nicht auf der richtigen Seite. Ich würde auch gerne noch zusätzliche Absätze einfügen. Aber wo ist die Taste für die Korrektur? Bevor wieder alles verloren geht, will ich erst mal speichern. Ich drücke auf den Button „Speichern“ und upps, alles ist verschwunden. Nach hektischer Suche mit Schweißausbrüchen finde ich mein „Buch“ That’s live auf meiner neu registrierten Seite wieder. Samt Tippfehler, verrutschten Überschriften und fehlenden Absätzen. 
Ich raufe mir die Haare und tröste mich am Ende mit der Erkenntnis. Dafür, dass ich einen völlig unbekannten Berg erklommen habe ist der Verlust eines „a“ noch ein relativ geringer Schaden. 
So kam es also, dass Brbara ins Internet reiste.

12. Februar 2010 · 
An meine Mutter
Liebe Mama, 
nun sind schon viele Monate vergangen seit ich Dir von unserem Gemeinschaftsentzug geschrieben habe. Es ist aber noch kein Tag, ja keine Stunde vergangen, da ich nicht an Dich gedacht habe. Der Januar war für mich besonders schlimm. Du bist 90 Jahre alt geworden und ich durfte Dich nicht fragen wie es Dir geht. Der Winter ist in diesem Jahr besonders lang. Ich weiß nicht ob Du ihn gut überstanden hast. 
Ich vermisse unsere langen Telefonate. 
Ich vermisse meine Besuche in Deinem gemütlichen Heim mit den vielen Ölgemälden, die Du so eigenwillig mit ungarischem Farbgefühl gemalt hast. Ich vermisse diese heimelige Stube mit Deinen selbstgestickten Tischdecken und Deckchen. Nadelmalerei hast Du das genannt. 
Ich denke oft an die Zeit als wir 1949 aus der evangelischen Kirche ausgetreten sind um uns den Zeugen Jehovas anzuschließen. Als unser Austritt öffentlich im Gottesdienst verkündet wurde, hat unsere Großmutter sehr gelitten. Sie sagte damals, das war für sie schlimmer als das Jahr 1918 als in einem Jahr ihr Mann gefallen ist und ihre Mutter und Tochter gestorben sind. Sie hat so empfunden obwohl unsere Familie dadurch nicht zerstört wurde. Wir haben immer noch weiter miteinander reden können und waren füreinander da. 
Du bist gelehrt worden, nun zu glauben wir hätten wegen des Gemeinschaftsentzuges unseren Gott verraten und wären für die ewige Vernichtung bestimmt. Auch ich bin eine Mutter und kenne dieses schreckliche Gefühl der absoluten Hoffnungslosigkeit. 
Doch bitte glaube mir, kein Verwaltungsakt könnte je echten Glauben oder wahre Liebe zerstören. 
Inzwischen ist das Buch über unsere Familiengeschichte veröffentlicht. Immer wieder höre ich von Lesern, dass sie Dich für Deinen Mut und Deine Tapferkeit bewundern, wie Du uns Kinder durch diese schwere Zeit des Krieges und der Not gebracht hast. Ich würde Dir dieses Lob gerne weitersagen. Aber Du darfst nicht mit mir reden. 
Ich habe es meiner Schwester geschrieben. Ich weiß nicht ob sie meinen Brief gelesen hat und ob sie Dir die Komplimente ausgerichtet hat. Sie redet ja nicht mit mir. 
Unsere Rosel hat sich so darauf gefreut, dass unsere Familienchronik erscheint. Nun darf sie aber das Buch einer „Abtrünnigen“ nicht lesen. 
Ich schreibe Dir diesen Brief öffentlich in der winzigen Hoffnung, dass ihn irgendjemand lesen wird, der uns kennt und der mit Dir reden darf. Vielleicht kann er Dir ja erzählen, dass ich an Dich denke. Dass ich sehr traurig darüber bin, mit welchen menschenverachtenden, unchristlichen Regeln man es geschafft hat, unsere Familie zu zerstören. 
Vielleicht kann er Dich ja ein Wenig mit dem Gedanken trösten, dass ich nie aufgehört habe unserem Gott zu vertrauen und nie aufhören werden Dich und meine Geschwister aufrichtig zu lieben. 
Deine Tochter 
Barbara 
 
NEUJAHRSEMPFANG
26. Januar 2011 um 15:54
Die Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen hat alle Selbsthilfeaktiven zum Neujahrsempfang eingeladen. Ich soll also eine Veranstaltung von „Weltmenschen“ besuchen, von denen mir wenige Tage vorher ein Zeuge Jehovas folgendes geschrieben hatte:
Aber zeigen Sie mir eine weltweite Organisation (politisch oder religiös), die auch nur annähernd das leistet, was Zeugen Jehovas leisten und was sie auch auszeichnet. Bitte seien Sie ehrlich.
Ich habe ja nun meine persönliche Freiheit gefunden. Also bin ich frei in meiner Entscheidung. Ich habe die Einladung dankbar angenommen.
Viele andere Selbsthilfeaktive waren ebenfalls gekommen. Freundliche, hilfsbereite, selbstlose Frauen und Männer jeden Alters, die nur ein Ziel haben, einander in der Not beizustehen. So viele Menschen werden von den unterschiedlichsten Nöten bedrückt und finden Verständnis bei denen, die die gleichen Sorgen drücken.
Depressionen, Spätfolgen der Kinderlähmung, Osteoporose, Essstörungen, Neurodermitis, Krebs, Probleme mit dem älter werden… so unendlich vieles. Manche Gruppe hat bereits das 20-jährige Jubiläum, andere, wie die der anonymen Sektenaussteiger, sind gerade gestartet. Alle Aktive haben eine Gemeinsamkeit, die Motivation zu helfen und füreinander da sein.
Dass diese Arbeit und das selbstlose Engagement durch diesen Neujahrsempfang gewürdigt wurde, war eine sehr schöne Geste und hat uns sehr gefreut. Vielen herzlichen Dank dafür.
Wir wurden von Frau Seidel mit launigen, frechen,  Sau guten Neujahrswünschen begrüßt. Die musikalische Umrahmung übernahmen zwei sehr talentierte Jugendliche. Die Geschwister Schwamm. Sie spielten Duette von W.A. Mozart und A. Lidl, einem Zeitgenossen Mozarts. Ich persönlich war von ihrer Darbietung sehr berührt, die vor der Kulisse von traumhaft schönen, winterlichen Impressionen ein Gänsehautgefühl bei mir auslöste.
Nach einer kleinen Neujahrsgeschichte, folgte
Gebet eines Pfarrers von St. Lamberti zu Münster (1883)
Herr, setze dem Überfluss Grenzen 
und lasse die Grenzen überflüssig werden.
Lasse die Leute kein falsches Geld machen,
aber auch das Geld keine falschen Leute.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort
und erinnere die Männer an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit
und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche Beamte, Geschäfts- und Arbeitsleute,
die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind.
Gib den Regierenden ein besseres Deutsch
und den Deutschen eine bessere Regierung.
Herr, sorge dafür, dass wir in den Himmel kommen -
aber nicht sofort.
Amen.
 
Nach einer weiteren Darbietung der Geschwister Schwamm erfuhren wir, dass sich für das Jahr 2011 vier Freunde nach uns erkundigt hatten. Sie wollten uns begleiten.
Es waren die Freunde
Gesundheit
Frieden
Liebe
Zufriedenheit
 
Während die Geschwister Schwamm den offiziellen Teil mit einem weiteren Duett beschlossen und zum gemütlichen Teil überleiteten, bei dem man sich am Buffet mit Essen und Trinken stärken konnte, dachte ich über meine verlorenen Jahre nach.
Sicher hätte ich in all den Jahren einige Menschen getroffen, die dem Bild entsprachen, das die Wachtturm Literatur von „Weltmenschen“ zeichnet. Die „eigenliebig, geldliebend, anmaßend, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar … Verleumder, ohne Selbstbeherrschung, brutal, ohne Liebe zum Guten, Verräter“ usw. sind.
Doch ich habe eindeutig die Chance verpasst, Menschen zu treffen von denen Christus sagt: „Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet worden seid…“ Er erklärt ihnen, dass sie Hungrigen zu Essen gegen haben, Durstigen zu trinken, dass sie Fremde gastfreundlich aufgenommen haben und Nackte bekleideten. Sie haben nach Kranken gesehen (und Selbsthilfegruppen gegründet) und verfolgte im Gefängnis besucht. Hier habe ich Menschen getroffen, die christliche Nächstenliebe leben. Nicht nur predigen.
Nun bin ich also so ehrlich und sage ganz offen, dass mich dieser selbstlose Einsatz für den Nächsten sehr viel mehr beeindruckt als die weltweite Werbeaktion und Selbstbeweihräucherung der Wachtturm Organisation.
Es war für mich eine schöne, neue Erfahrung und ein angenehmer Abend, den ich mit dem Besuch der ersten Bilder Ausstellung abgeschlossen habe. Die Depressionsgruppe hat sehr beeindruckende Bilder präsentiert.
Das Schlusswort von Frau Seidel war:
„Ein Jahr ist wie Ebbe und Flut“
 
Dem schließe ich mich an. Ein Jahr kommt und  ein Jahr geht. Das steht fest. Doch was die Gezeiten bringen kann man nie mit Bestimmtheit vorhersagen.
 
Kommentare

Elke Ledermüller danke, liebe barbara - wie immer hast du mit sehr treffenden, berührenden worte die sache auf den punkt gebracht! und das gebet des pfarrer von St. lamberti zu münster von 1883 trifft es ja wohl heute fast so, genau um nicht zu sagen noch mehr, als damals!

8. Januar 2011 · 
Ein schöner Traum
Am 7. Jan. 2011 habe ich besonders einem Gespräch mit Pater Anselm Grün gelauscht. Der Moderator Giovanni di Lorenz führte es in der Sendung 3nach9 auf Radio Bremen. Als sehr betroffene Kultgeschädigte hat mich die milde, menschenfreundliche Art des Paters im Umgang mit solchen, die Probleme haben fasziniert. Seufzend dachte ich: „Ach wenn sowas doch auch bei den Zeugen Jehovas möglich wäre“.
In der Nacht hatte ich dann einen sehr intensiven Traum. Ich konnte mit meiner Mutter telefonieren und ihr zum 91. Geburtstag gratulieren. Der ist am 15. Januar. Meine Schwestern fragten mich mit strahlendem Lächeln, wie es mir denn geht und mein Bruder hatte Tränen in den Augen, als wir von alten Zeiten sprachen. Ich war so glücklich.
Jetzt, wo ich  von meinem Traum schreibe habe ich Tränen in den Augen, denn es ist nur ein Traum. Ich habe meine Familie und meine Freunde verloren, weil die Wachtturm Organisation in unserem Land – und weltweit – dazu aufrufen darf, ehemalige Glaubensgenossen zu ächten. Sie fordert offen zur Diskriminierung auf. Beschimpft uns als verbündete des Teufels, als Gottesleugner und fordert in ihren Schriften dazu auf, sich vor Menschen wie mir zu ekeln. Es entstehen eine totale Kontaktsperre und ein völliger Zusammenbruch aller sozialen Bindungen. In meinem Fall nach 60 Jahren Zugehörigkeit zu dieser Religionsgemeinschaft aus dem einzigen Grund, dass ich nicht mehr alles glauben konnte was in den Wachttrum Schriften veröffentlicht wird. Wegen einiger von mir geäußerten zweifelnden Fragen wurde mir die Gemeinschaft entzogen.
Dr. Sack, vom Klinikum Rechts der Isar in München nennt das: ‚Die Bestrafung mit sozialem Tod‘.
Viele können sich nicht vorstellen in welche emotionale Verzweiflung man da hineingestoßen wird.
Ich wollte von meinem wunderbaren Traum erzählen. Es war in meinem Traum so einfach bei den Zeugen Jehovas auszutreten, wie bei der katholischen oder evangelischen Kirche. Ich konnte einfach gehen und trotzdem durfte ich weiter mit meiner Mutter und mit meinen Geschwistern telefonieren.
Aber als ich aufwachte, war wieder diese Trauer da. In unserem Land werden nur die Täter hinter dem Vorwand „Religionsfreiheit“ geschützt.
Uns nützt unsere Verfassung nichts, die auch uns eigentlich Glaubens- Gewissens- Meinungsfreiheit garantiert. Wenn wir von diesem Recht Gebrauch machen, werden wir wie Abschaum von denen behandelt, die sich für die einzig wahren Christen halten. Das ist unglaublich verletzend und ungerecht.
Trotzdem ich hatte wenigstens diesen schönen Traum.

 
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Die wahren Gründer der Wachtturm-Gesellschaft:

http://de.wikipedia.org/wiki/William_Henry_Conley